Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 108, Nr. 20, 16.10.2018, (2394) Herkömmlich meint wirtschaftliches (kapi- talistisches) Denken zumeist die Fixierung auf Gewinnmaximierung und ständiges wirtschaftliches Wachstum. Nicht so in der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). Die stellt dieses Wirtschaftsmodell infrage – und auf den Kopf. Die Gemeinwohl-Ökonomie setzt voraus, dass ein Unternehmen auch eine Verantwortung für sein (direktes) Umfeld hat. In der Theorie heißt das, nicht ein möglichst großer Finanzgewinn ist die Maxime, son- dern die Steigerung des Gemeinwohls über die Umsetzung von sozialen und ethischen Aspekten in der Betriebsführung (Kasten). In der Praxis bedeutet das, sich mit Fragen auseinanderzusetzen wie „Wie sehen die Arbeitsbedingungen in meiner Praxis aus?“, „Welche Mitspracherechte haben die Mit- arbeiter?“, „Welche Kriterien werden beim Einkauf von Elektronik, Papier, PKW, Energie und bei den Gebäuden angelegt?“. Des Weiteren geht es um Fragen wie „Wird bei der Praxisführung ökologische Nachhaltigkeit sichergestellt?“ oder „Wird soziale Gerechtig- keit gefördert?“. „Maximale Rendite? Ich bin doch kein MVZ!“ Die Frage, ob Profitmaximierung um jeden Preis und grenzenloses Wachstum den Menschen guttut, hat Eigenbrodt schon lange beschäftigt, sagt er. Und findet für das Thema auch einen aktuellen Aufhänger in der Zahnmedizin: „Diese Frage wird derzeit ja befeuert durch Investoren, die MVZ kaufen, um damit maximale Renditen zu erzielen – und dies, ohne die zahnmedizi- nische Versorgung zu verbessern.“ Statt für die Rendite begeisterte sich Eigen- brodt für die Idee der GWÖ. Inwieweit ein Unternehmen zum Allgemeinwohl beiträgt, wird anhand einer Bilanzierung festgestellt. Hierfür musste Eigenbrodt seine zehnköpfige Praxis anhand eines Fragenkatalogs, der „Gemeinwohl-Matrix“, einer detaillierten Untersuchung unterziehen (Kasten). Die Kriterien zur Bilanzierung sind Nachhaltig- keit, Gerechtigkeit, Menschenwürde, Soli- darität und demokratische Mitbestimmung. Nach diesen Aspekten wird die Praxis bis ins Kleinste durchforstet. Der Zahnarzt als Unternehmer Zahnarzt, auch um das Gemeinwohl zu mehren! Als erster Zahnarzt in Deutschland führt Dr. Matthias Eigenbrodt seine Praxis nach den Prinzipien der sogenannten Gemeinwohl-Ökonomie. Bei diesem alter- nativen Wirtschaftsmodell wird Erfolg daran gemessen, wie viel ein Unternehmen zum Wohl der Allgemeinheit beiträgt. Konkret: Wie nachhaltig, fair, solidarisch, gerecht und partizipativ arbeitet Ihre Praxis? Foto: AdobeStock-Rido 102 Gesellschaft

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=