Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 108, Nr. 20, 16.10.2018, (2338) der EU-Kommission innerhalb der noch lau- fenden Beantwortungsfrist beantworten.“ Wie bewertet der in Brüssel tätige Leiter der Abteilung Europa/Internationales der Bun- deszahnärztekammer (BZÄK) diesen Vorgang? Dr. Alfred Büttner: „Die gleichzeitige Eröff- nung von 27 Vertragsverletzungsverfahren zeigt, dass es massive Probleme bei der Um- setzung der 2013 verabschiedeten Ände- rungen der Berufsanerkennungsrichtlinie in nationales Recht gibt. Diese Umsetzung hätte bis Januar 2016 abgeschlossen sein müssen.“ Insbesondere die neuen Instrumente, die mit der Richtlinie eingeführt wurden, wie der Vorwarnmechanismus und die überarbeiteten Anforderungen an Sprachtests bereiteten im Behördenalltag der EU-Mitgliedstaaten offenbar deutliche Schwierigkeiten, so Büttner. Interessanterweise scheine die Umsetzung des 2013 ebenfalls neu eingeführten Euro- päischen Berufsausweises – zumindest in Deutschland – keinen Anlass für Kritik zu geben. Dies mag dem EU-Kenner zufolge vor allem daran liegen, dass bislang nur fünf Berufe den Ausweis beantragen können. Büttner weiter: „Bemerkenswert ist, dass im Fokus des deutschen Anforderungsschreibens erkennbar die regulierten Berufe stehen. „Der Druck auf Deutschland wird spürbar verstärkt“ Die Kommission macht deutlich, dass der nach den Vorgaben der überarbeiteten Berufsanerkennungsrichtlinie durchgeführte Transparenzprozess zur Bewertung des bestehenden Berufsrechts nicht zu einer grundlegenden Analyse des nationalen Berufsrechts geführt hat. Die Kommission wirft Deutschland zudem vor, nach Ab- schluss des Transparenzprozesses keine der erforderlichen Folgemaßnahmen ergriffen Achtung, Kostenfalle! Einstweilige Verfügung gegen „Datenschutzauskunft-Zentrale“ Unternehmen und Freiberufler werden zurzeit von einer vor- geblichen „Datenschutzauskunft- Zentrale Ltd.“ (DAZ) angeschrie- ben. Vorgeschobener Anlass ist die seit 25. Mai dieses Jahres wirksame Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Inzwischen muss es heißen „wurden angeschrieben“. Denn am 5. Oktober erwirkte eine Münchner Kanzlei eine einstweilige Verfügung gegen den Versender, berichtete unter anderem die „Deutsche Apotheker Zeitung“. Die in Malta registrierte Firma hatte die Rechtsanwälte mit ihrem Massen-Mailing selbst auf sich aufmerksam gemacht. Daraufhin hatten die Anwälte die DAZ ab- gemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufge- fordert. Nachdem keine Reaktion erfolgt sei, habe man beim Land- gericht München I die einstweilige Verfügung beantragt. Dem Ver- sender droht nun bei Zuwider- handlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Das Gericht begründete seine Entscheidung so: „Durch die Verwendung eines getarnten amtlichen Schreibens, in dem nur im Kleingedruckten die Ent- geltlichkeit der Leistung versteckt ist, stellt einen eklatanten Ver- stoß gegen den Grundsatz der Preisklarheit dar“ (Az.: 29 O 13838/18). Im Anschreiben ist von einer „gesetzlichen Pflicht“ die Rede. Doch das ist nicht der Fall. Der Text im Wortlaut: Sehr geehrte Damen und Herren, um Ihrer gesetzlichen Pflicht zur Umsetzung des Datenschutzes nachzukommen und die Anforde- rungen der seit 25.05.2018 geltenden europäischen Daten- schutzgrundverordnung (EU- DSGVO) zu erfüllen, bitten wir Sie, das beigefügte Formular auszufüllen und bei Annahme unterschrieben bis zum ((XX.)) Oktober 2018 gebührenfrei an die EU-weite zentrale Fax-Stelle: 00800/77000777 zu senden. Außerdem wird eine Postanschrift in Oranienburg (bei Berlin) ge- nannt. Wer das Formular ausge- füllt und zurückgesendet hat, dem stellte diese Firma 592,62 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) in Rechnung – für drei Jahre in Folge, brutto 1.777,86 Euro. Die Rechtsabteilung der Bundes- zahnärztekammer (BZÄK) dazu: „Bei der sogenannten Daten- schutzauskunfts-Zentrale handelt es sich um keine Behörde, son- dern um einen privaten Anbieter, der mit seinem Fax verschiedene Leistungen auf dem Gebiet des Datenschutzrechts kostenpflichtig anbietet. Es empfiehlt sich des- halb bei derartigen Schreiben, die zunächst den Anschein eines behördlichen Schreibens erwecken, immer grundsätzlich auf das Klein- gedruckte und insbesondere auf Vertragsdauer und Preis zu ach- ten und das Fax auf keinen Fall unkontrolliert unterschrieben zurückzusenden.“ Das Justiziariat der Zahnärzte- kammer Berlin empfiehlt, das Fax-Formular „keinesfalls zurück- zusenden und keinerlei Kontakt zu dem Absender aufzuneh- men“. Falls es zu einem Vertrags- schluss gekommen ist, solle man schriftlich die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täu- schung gemäß § 123 Absatz 1 BGB erklären und die gestellte Rechnung nicht begleichen. Der Landesbeauftragte für Daten- schutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern (LfDI MV) wies darauf hin, dass Unter- nehmer zwar nachweisen müssen, dass sie die Vorschriften der DSGVO einhalten, hierfür sei ein Vertrags- abschluss mit der „DAZ“ aber nicht erforderlich. Die Formulare seien kostenlos unter www.daten schutz-mv.de erhältlich. mth zu haben, sondern auf diesem Gebiet weit- gehend untätig geblieben zu sein. Mit der Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahrens wird der Druck auf Deutschland damit spür- bar verstärkt, Berufsrecht kontinuierlich unter die Lupe zu nehmen und die europäische Datenbank für regulierte Berufe regelmäßig zu aktualisieren. Das gibt einen ersten Vor- geschmack auf die anstehende Umsetzung der im Juli 2018 in Kraft getretenen über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (RL 2018/958 EU).“ Wie die bis 19. September erwarteten Reak- tionen der angemahnten 27 Mitgliedstaaten ausgefallen sind, ist auch Büttner nicht be- kannt. „Solche Antworten werden grund- sätzlich nicht veröffentlicht“, erklärte der Leiter des Brüsseler BZÄK-Büros gegenüber den zm. Das ganze Prozedere könne sich zudem über Jahre hinziehen – bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). mth 46 Politik / Nachrichten

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=