Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 108, Nr. 20, 16.10.2018, (2382) Hier wird das Gebot der Nächstenliebe mit der Liebe zu Gott verbunden. Diese Verbin- dung zwischen der Liebe Gottes zu mir und meiner Tätigkeit am Nächsten war auch die Antwort, die ich den fragenden Patienten gegeben habe. Meist waren sie überrascht und erstaunt. Da ihnen aber die Autorität einer höheren Macht selbstverständlich war, wurde die Antwort wohlwollend akzeptiert. Gleichzeitig bewahrt mich diese Haltung davor, mich arrogant über diese Menschen zu stellen, die oft nur wenig Schulbildung hatten oder auch Analphabeten waren. So konnten sie die Hilfe einordnen und waren doppelt beschenkt – durch die erfahrene Hilfe und auch durch die Begegnung mit sonst fremden Menschen, die aber durch ihre Haltung ihnen doch sehr nahegekommen sind. Wer aber ist mein Nächster? Dazu gibt Jesus die Antwort imGleichnis vom Barmherzigen Samariter [Lukas 10, 25-37]. Die Antwort überrascht: Der Nächste ist der, der meine unmittelbare Hilfe braucht, unabhängig sei- ner gesellschaftlichen Zugehörigkeit. Und die barmherzige Tat schließt auch die weitere Fürsorge ein. Diese Liebe zum Nächsten gilt bedingungslos: Mann oder Frau, Greis oder Kind, Mestize, Indigene, Ureinwohner oder Stadtmensch, „Sklave oder Freier“ – im Prinzip hebt schon das Neue Testament alle diese Unterschiede auf: Wir sind eins in Christus [Galater 3, 28]. Auf unsere Tätigkeit bezogen bedeutet dies, dass wir die zahnärztliche Be- handlung durchführen, ohne Unterschiede zu machen. Und wenn wir Einschränkungen vornehmen müssen, dann nur nach medizi- nischer Indikation und das in Absprache mit den Verantwortlichen vor Ort. Natürlich geht es auch ums Geld. Interessant ist, dass im Neuen Testament mehr Verse über den Umgang mit Geld zu finden sind als über das Gebet. Da wir in Deutschland sehr bevorzugt leben, geht die Spenden- höhe pro Jahr in die Milliarden. Eigentum verpflichtet, der Besitz an Geld ebenfalls. „Euer Überfluss helfe ihrem Mangel […] damit ein Ausgleich hergestellt wird“ [2. Korinther 8, 14]. Diese Empfehlung von Paulus an die Gemeinde in Korinth zur Unterstützung der verarmten Jerusalemer Urgemeinde ist für Christen heute noch eine eindeutige Ansage, notleidenden Menschen finanziell zu helfen. Allerdings war dies auch immer mit transparenten Transaktionen und öffentlicher Rechenschaft verbunden und damit eine klare Ansage gegen Korruption und Günstlingswirtschaft. Dr. Joachim Kauffmann Abenteuer : Ein Kurzeinsatz ist an sich schon ein Abenteuer – vermeiden wir zusätzliche Risiken. Alleingänge sind nicht zu verantworten und die Gefahren durch Klima und Gelände, Pflanzen und Tiere nicht zu unterschätzen. Bedürfnisse : Wir sollen keine Bedürfnisse schaffen, wo keine vorhanden sind – die Wirklichkeit vor Ort ist nicht unsere. Und eine Anspruchsmentalität sollten wir auch nicht provozieren. Entscheidungen : Entscheidungen sind im- mer im Konsens und durch eine voraus- gegangene gemeinsame Planungsphase zu fällen. Projekte sollten so strukturiert sein, dass sie von Einheimischen weiter- geführt werden können. Hilfe : Wir dürfen Menschen um einen Gefallen, um Hilfe bitten! Damit machen wir uns verletzbar, würdigen die Fähigkeit der Einheimischen und verbessern so die Möglichkeit, auch ihnen zu helfen. Respekt : Wenn wir in einen anderen Kul- turbereich kommen, ist es „anders“ – nicht besser oder schlechter. Was wir nicht ver- stehen oder uns seltsam erscheint, sollten wir nicht abwerten, sondern kommentar- los respektieren. Verhalten : Wir brauchen uns nicht zu ver- biegen, sondern sollen durchaus spontan und natürlich sein, aber das Image von Touristen vermeiden: laute Gestik, auf- fällige/anstößige Kleidung (Schmuck), ungefragtes Fotografieren von Personen. Hilfreich ist: Die entsprechenden Personen beobachten, wie sie sich begrüßen, mit- einander reden, sich berühren, wie sie Emotionen äußern – Freude wie Trauer. Besucher sind stets im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Unser äußeres Verhalten als Gruppe oder Einzelne kann sich positiv oder negativ auf unsere Gastgeber auswirken. Versprechen : Gebe nie ein Versprechen, das nicht eingehalten werden kann (Fotos schicken, Kleider, Waren, usw.). Es ist wirk- lich besser, nichts zu versprechen, als das Versprochene nicht einzuhalten. Zeitverständnis : Die Uhr bestimmt unseren Tagesablauf und unsere Arbeitsstruktur: Wir sind Zeit-orientiert, unsere Gastgeber und Mitarbeiter aber orientieren sich an Ereignissen. Das führt oft zu Konflikten. Wir müssen uns einem anderen Zeit- gefühl, einem anderen Rhythmus an- passen und auch Wartezeiten tolerieren. Voreilige Worte und Aktionen können viel zerstören. Vielmehr sollten wir für das ge- meinsame Arbeiten konkrete Absprachen treffen. \ Das kleine Abc K NIGGE FÜR H ILFSEINSÄTZE Dr. Joachim Kauffmann ist nieder- gelassener Zahnarzt in Kernen i.R. (bei Stuttgart). Er reflektiert hier seine Erfahrungen aus über 20 Hilfseinsätzen in Mexico und Tansania, mit Hilfskräften, mit Ärzten, mit Hilfsorganisationen und mit Studentengruppen. Foto: privat 90 Praxis
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