Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 108, Nr. 21, 1.11.2018, (2440) 2017 veröffentlichte die spanische Zahnärzte- kammer, der Consejo General de Colegios de Odontólogos y Estoma- tólogos de España, eine Untersuchung, die es in sich hat: Demnach entfielen von 2013 bis 2015 fast die Hälfte aller Patientenbeschwerden auf Praxen in Dental- ketten – obwohl diese lediglich rund vier Pro- zent aller spanischen Zahnarztpraxen stellen (siehe Kasten). Die Daten legen den Verdacht nahe, dass die Probleme hausgemacht sind – in diesem Fall bei der spanischen Den- talkette iDental. Der Skandal um das Unternehmen beschäftigt seit Monaten die spanische Presse. Hunderte Patienten gingen bereits auf die Straße, um gegen den „systematischen Betrug“ vorzugehen. Wurden 350.000 Patienten betrogen? Was war passiert? 2014 wurde iDental gegründet, vier Jahre später, im April und Mai 2018 wurden alle 24 Filialen der Dentalkette ohne Vorankündigung von den spanischen Behörden zwangsweise ge- schlossen. Untersuchungen hatten ergeben, dass die Patienten von iDental durch nicht qualifiziertes Personal behandelt und dass bei der Behandlung Materialien minderer Qualität verwendet worden waren. Zurück blieben 350.000 betroffene Patienten, deren Behandlung teilweise noch gar nicht begonnen wurde, teilweise nicht beendet war, die aber immer im Voraus bezahlt hatten. Die spanischen Zei- tungen schrieben von Patienten, die „mit Schrauben im Zahnfleisch statt Zähnen zurückgelassen“ wurden, sowie von „Menschen, die das Geld für die Zahnbehandlung als Kredit aufgenommen und nun alles verloren haben“. Wie konnte es dazu kommen? iDental hatte sich selbst als „low-cost“- Unternehmen beworben, dessen Ziel es war, die zahnärztliche Be- handlung selbst für das niedrigste Budget erschwinglich zu machen. Zunächst seien Behandlungen zu (üb)erhöhten Preisen angeboten worden, danach sollten aber „Rabatte von bis zu 95 Prozent“ gewährt werden, beschrieb Zahnärztekammerpräsident Castro Reino die Masche von iDental auf dem Weltkongress des Weltzahnärzteverbands Fédération Dentaire Internationale (FDI) Anfang September in Bue- nos Aires. Die Patienten sind laut Castro Reino mit Preisnachlässen geködert worden, um Behandlungen durchzuführen, für die sich viele bei den von iDental vermittelten Finanzanbietern verschuldet hätten. „Das Problem ist das System“ „Wenn versucht wird, Ihnen ein Implantat mit einer Krone für 500 Euro zu verkaufen, sollten eigentlich die Alarmglocken läuten“, sagte Castro Reino. Aber der „Billig-Zahnarzt-Boom“ habe eben zu dieser massiven Kommerzialisierung des Berufs geführt. Der Kammerpräsident selbst hat schon vor Jahren in den spanischen Tageszeitungen vor Kliniken gewarnt, die minderwertige Materialien verwenden und Top-Preise verlangen, auf die sie dann absurde Rabatte gewähren. Den Fehler sieht er jedoch im System: Das Pro- blem seien nicht die Kliniken selbst, betonte er gegenüber den FDI- Delegierten, sondern „das System, das sie geschaffen haben“. Das spanische Gesundheitssystem ist ähnlich dem deutschen System aufgebaut – mit einem entscheidenden Unterschied: Die Zahnmedizin ist von einer umfassenden gesetzlichen Gesundheitsversorgung aus- geschlossen. Lediglich Zahnextraktionen und Kontrolluntersuchun- gen werden über die gesetzliche Krankenversicherung abgewickelt. Skandal um spanische Dentalkette iDental: Wenn der Franchisenehmer Zahnarzt spielt Es sei der „weltweit größte Skandal“ den die Zahnmedizin bisher erlebt habe, sagt Dr. Óscar Castro Reino, Präsident der spanischen Zahnärztekammer: Im Frühjahr 2018 wurde die Dentalkette iDental von den spanischen Behörden zwangsweise geschlossen. Betroffen sind mehr als 350.000 Patienten und 800 Zahnärzte. Von den 21.628 Zahnarztpraxen in Spanien werden 20.411 (94,4 Prozent ) von niedergelassenen Zahnärzten, 852 (3,9 Prozent) von Dentalketten und 365 (1,7 Prozent) Praxen von Versicherungen betrieben. Die spanische Zahnärztekammer zählte in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 4.648 Patienten- beschwerden. Davon betrafen 2.213 (47,6 Prozent) niederge- lassene Praxen, 2.258 (48,6 Prozent) Dentalkettenpraxen und 177 (3,8 Prozent) von Versicherungen betriebene Praxen. Knapp 74 Prozent der Beschwerden richteten sich gegen die zahnärztliche Diagnostik und Behandlung. \ Quelle: Consejo General de Colegios de Odontólogos y Estoma- tólogos de España Fast 25-mal mehr Beschwerden über die 3,9 Prozent Dentalketten SPANISCHE STUDIE ZU PATIENTENBESCHWERDEN Implante gibt‘s bei iDental für 12,03 Euro pro Monat – umgerechnet auf 60 Monate macht das 721,80 Euro. Screenshot: zm-nb 12 Politik
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