Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 108, Nr. 21, 1.11.2018, (2444) Was hat Sie als Zahnärzte dazu bewogen, eine Genossenschaft zu gründen? Dr. Wilfried Beckmann: Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte suchen nach der Assistenten- zeit in aller Regel nicht mehr direkt den Weg in die eigene Niederlassung. Das hat ver- schiedene Gründe und ist Ausdruck indivi- dueller Lebensplanung. Da hilft diskutieren und lamentieren nicht weiter. Fakt ist, dass dieser Wandel die Strukturen der zahnärztlichen Versorgung gravierend verändert hat und weiter verändern wird! Die junge Zahnärztegeneration ist zunächst überwiegend angestellt tätig. Stellenangebote finden sie in größeren Praxen – hier beson- ders in den Ballungsgebieten. Die Praxis- inhaber befinden sich oft im letzten Drittel ihrer Berufstätigkeit. Gleichzeitig gehen im ländlichen Raum immer mehr fachlich gut aufgestellte Praxis- standorte dauerhaft verloren. Von vier Praxen, die dort zur Übergabe angeboten werden, wird nur eine übernommen. Die Demografie zeigt, dass sich dieser Trend verstärken wird. Es geht also auch um die Sicherstellung der Versorgung auf dem Land? Beckmann : Auf jeden Fall! Im Interesse der Öffentlichkeit und der Patienten wie auch im Interesse beider Zahnarztgenerationen muss es liegen, Arbeitsplätze für junge angestellte Zahnärzte besonders außerhalb von Ballungsräumen mit hohem Patienten- potenzial zu schaffen. Diese Überlegungen hat die Gründer zusammengebracht. Worum geht es Ihnen noch? Dr. Art Timmermeister: Wir haben die Ge- nossenschaft gegründet, um die zahnmedi- zinische Versorgungslandschaft in Westfalen- Lippe zukunftsfest zu machen. Unser Ziel ist, einen Beitrag zur Sicherung der frei- beruflichen Zahnheilkunde zu leisten. Das setzt die Sicherung der flächendeckenden Versorgung voraus. Dafür mussten wir die bestehenden Strukturen überdenken. Im Ergebnis schaffen wir ein neues, zusätz- liches Angebot der zahnärztlichen Berufs- ausübung. Das wird nichts ersetzen, aber es ist aus unserer Perspektive ein überfälliger Lückenschluss. Wir wissen, dass unser Engagement die Probleme nicht alleine wird lösen können – wir glauben aber, dass wir Impulse setzen und gehen davon aus, dass der breite Zuspruch, den wir bereits in den ersten Wochen erfahren haben, auch anderen Mut macht, den Schritt von der Theorie in die Praxis der freien Berufs- ausübung von morgen zu wagen. Warum die Konzentration auf Westfalen-Lippe? Timmermeister : Alle Gründungsmitglieder sind in Westfalen-Lippe verwurzelt. Um organisatorisch zu gewährleisten, dass wir die Standorte und Behandler persönlich vor Ort betreuen können, haben wir das Einzugsgebiet vorerst bewusst auf unser Schaffensgebiet begrenzt. Hinzu kommt, dass Westfalen-Lippe eine Flächenregion ist und über einen entsprechenden Versorgungs- bedarf verfügt. Und woher kommt das Kapital? Beckmann: Ganz dem Genossenschafts- gedanken folgend hat jedes Mitglied Eigen- kapital als Gesellschafter in die Struktur eingebracht – eben „von Zahnärzten für Zahnärzte“. Wichtig ist uns vor allem, dass unabhängig von der Höhe der Einlage jedes Mitglied nur eine Stimme hat. Eine Einfluss- ? ? ? ? ? Foto: adobeStocj - Love the Wind Genossenschaft Zahnarztpraxis vor Ort Das Beste aus beiden Welten 16 Politik Die im Spätsommer gegründete Genossenschaft Zahnarztpraxis vor Ort eG (ZvO) bietet jungen Zahnärzten eine völlig neue Form der Berufsausübung – zwischen dem klassischen Angestellten- verhältnis und der Niederlassung in eigener Praxis. Indem sie bestehende Praxen in ihre Struktur integriert und das wirtschaftliche Risiko übernimmt, „das Beste aus beiden Welten“, wie die Gründer Dr. Wilfried Beckmann und Dr. Art Timmermeister im Interview betonen. Doch was unterscheidet sie von Investoren-MVZ?

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