Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 108, Nr. 21, 1.11.2018, (2464) Laut E-Health-Gesetz müssen alle Praxen in Deutschland bis zum 31.12.2018 an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein – sonst drohen Honorarkürzungen von einem Prozent. Angesichts der Tatsache, dass aber bisher weniger als 50.000 von insgesamt 150.000 Arzt- und Zahnarzt- praxen dieses Ziel erreicht haben, hat nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn akzeptiert, dass eine Fristverlängerung drin- gend geboten ist. Spahn zeigt sich also kompromissbereit und kündigte an, eine „Fristverlängerung bis zum 30. Juni 2019“ auf den Weg zu bringen – im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Pflege- personals (PpSG). Dafür haben die Regierungs- fraktionen einen Änderungsantrag in den Bundestag eingebracht. Laut diesem Antrag sollen nun die vom Gesetzgeber vorgesehenen finanziellen Sanktionen bis zum 30. Juni 2019 ausgesetzt werden – wenn der Praxisinhaber bereits vor dem 1. Januar 2019 die notwen- digen IT-Komponenten wie Konnektor und Kartenterminal bestellt hat. „Die Fristverlängerung mindestens bis zum 30. Juni 2019 ist unerlässlich und geht in die richtige Richtung“, sagt Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorstands- vorsitzender der KZBV. Eine Verlängerung um ein Jahr, also bis zum 31. Dezember 2019, würde darüber hinaus den ursprüng- lich mit dem E-Health-Gesetz intendierten realistischen Ausstattungszeitraum wieder- herstellen. Die Absicht des Gesetzgebers, von der Kürzung der Vergütung bis zum 30. Juni 2019 nur dann abzusehen, wenn die Praxis bereits vor dem 1. Januar 2019 die Anschaf- fung der Ausstattung vertraglich vereinbart hat, sieht die KZBV jedoch kritisch. „Zum einen würde den derzeit zugelassenen An- bietern ein gesetzlich geschaffener Markt- vorteil entstehen, da die Praxen sich man- gels weiterer zertifizierter Ausstattungs- pakete zwangsläufig für einen der beiden zugelassenen Anbieter entscheiden müssten“, erläutert Pochhammer. Anbieter, die erst zum Ende des Jahrs oder 2019 zugelassen werden, würden damit vom Markt ausge- schlossen. Das sei mit dem Wettbewerbs- prinzip unvereinbar, so die KZBV. „Zum andern entsteht durch den geforderten Nachweis der Bestellung bei den Kassen- zahnärztlichen Vereinigungen ein inakzep- tabler bürokratischer Zusatzaufwand“, führt Pochhammer weiter aus. KZBV für Fristverlängerung bis Ende 2019 Für den Fall, dass die Hersteller trotz Vertrag nicht liefern, hätten Zahnärzte darüber hinaus trotzdem zum 30. Juni 2019 mit Sanktionen zu rechnen. „Das volle Risiko trägt also die Praxis, obwohl sie sich recht- zeitig vertraglich verpflichtet hat. Für ein solches Szenario müssen die Sanktionen ausgesetzt werden“, fordert Pochhammer. Auch drohe den Praxen eine Finanzierungs- lücke, da sich die Höhe der Erstausstattungs- pauschale nach dem Zeitpunkt der Inbe- triebnahme und nicht nach dem Bestell- datum richtet. „Die KZBV appelliert an den Gesetzgeber, rechtlich unmissverständlich klarzustellen, dass die Kassen dann in jedem Fall die Kosten erstatten, die bei Vertrags- abschluss entstehen“, sagt Pochhammer. Ähnlich argumentiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): „Entfristung statt Befristung muss das Motto lauten“, stellt KBV-Chef Andreas Gassen klar. „Wo sollen denn die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen bestellen, wenn es zu wenig zu bestellen gibt?“ Wenn jemandem mit finan- ziellen Sanktionen gedroht werden müsse, „dann vor allem der Industrie“, ergänzt KBV-Vize Stephan Hofmeister. Schließlich seien selbst große Anbieter nicht in der Lage, rechtzeitig eine ausreichende Zahl an Geräten zu produzieren. „Diese unbefriedigende Marktsituation haben nicht wir verursacht“, betont auch Pochhammer, „und dafür wollen wir auch nicht zur Kasse gebeten werden!“ Ende Sep- tember waren laut KZBV erst rund 10.000 von insgesamt 44.000 Zahnarztpraxen an die TI angeschlossen. Zum gleichen Zeit- punkt hätten Zahnärzte jedoch auch bereits mehr als 23.000 elektronische Pra- xisausweise bestellt, die für den Anschluss erforderlich sind – für Pochhammer ist dies ein Indikator dafür, dass die Zahnärzteschaft „den Ausbau der TI offensiv voranbringen will und nicht auf der Bremse steht“, da Ausweis und Konnektor häufig gleichzeitig bestellt werden. Und nun? KZBV und KBV haben ihre Kritik am Änderungsantrag zum Pflegepersonal- Stärkungsgesetz während einer öffentlichen Anhöhrung im Bundestag vorgetragen, bis Mitte November sollen die nächsten Lesungen stattgefunden haben – dann wird es wohl endlich Klarheit geben. nb Gemeinsam mit der KZV Sachsen hat die KZBV ein Video zur Anbindung an die TI ver- öffentlicht. Weitere Informationen stellt die KZBV in ihrer Praxisinformation „Anbindung an die Telematikinfrastruktur“ zur Verfügung. Video und Praxisinformationen stehen auf der Webseite der KZBV (www.kzbv.de ) zum Download bereit. Fristverlängerung für TI-Anbindung bis zum 30. Juni 2019 „Spahns Plan verletzt das Wettbewerbsprinzip“ Wie von Zahnärzten und Ärzten vielfach gefordert, soll bei der Einführung der Telematikinfrastruktur in den Praxen die gesetzliche Frist für die Anbindung ver- längert werden – sogar eine Online-Petition hatte dazu aufgerufen. Nun zeigt sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kompromissbereit: Er will die Frist bis zum 30. Juni 2019 verlängern. Doch sein Plan hat einen entscheidenden Haken. Foto: adobestock - StockfotosMG 36 Politik

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