Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 108, Nr. 21, 1.11.2018, (2470) gibt Beschreibungen von seltenen Nekrosen im Ohr und im Hüftgelenk) betroffen ist, welche Rolle die potenziellen Risikofaktoren sowie sogenannten auslösenden Ereignisse spielen und warum das Problem vor allem nach der Einnahme stickstoffhaltiger Bisphosphonate sowie Denosumab in onko- logischer Dosierung auftritt. Eine Besonderheit des Kieferknochens im Ver- gleich zu allen anderen Knochen des Körpers ist der direkte Kontakt nach „außen“ über die Zähne. Während andere Knochen des Körpers meist von einem dicken Weich- gewebsmantel geschützt werden, liegen dem Kieferknochen lediglich das Periost und eine dünne Schleimhautschicht auf. Dies hat zur Folge, dass der Kieferknochen möglicherweise schon nach kleinsten schleimhäutigen Verletzungen einer mikro- biellen Flora ausgesetzt ist. In diesem Zusammenhang könnte die Pathogenesetheorie der durch dentogene Entzündungen getriggerten Nekrose- entstehung erklären, warum die Medika- menten-assoziierte Kiefernekrose fast aus- schließlich am Kieferknochen entsteht [Otto, 2010]. Es konnte nicht nur gezeigt werden, dass präventive dentale Maßnahmen, die darauf abzielen, chronische Entzündungen zu behandeln, signifikant die Inzidenz von Medikamenten-assoziierten Kiefernekrosen reduzieren [Poxleitner, 2017], sondern auch, dass eine begleitende antibiotische Behand- lung und die lokale Desinfektion den Krank- heitsfortschritt stoppen können [Hoefert, 2011]. Die Tatsache, dass dem Auftreten von Medikamenten-assoziierten Kiefernekrosen oft eine lokale Infektion vorangeht, gibt einen weiteren klinischen Hinweis auf die Rolle von vorausgegangenen Entzündungen [Saia, 2010]. Im Umkehrschluss kann mit der entzündungs- abhängigen Pathogenesetheorie auch erklärt werden, warum in der Literatur als Entstehungs- ursachen einer Medikamenten-assoziierten Kiefernekrose meist lokal begrenzte Entzün- dungen am Kieferknochen genannt werden. Auslöser dafür könnten insbesondere die Gingivitis, Parodontitis und Dentitio difficillis [Nicolatou-Galitis, 2015; Wazzan, 2018] sein, aber auch unsachgemäß durchgeführte zahnärztlich chirurgische Eingriffe (Verzicht auf modellierende Osteotomie, Offenlassen der Alveole) sowie artifizielle Verletzungen der Mundschleimhaut (Prothesendruckstellen, scharfe Knochenkanten, Putzdefekte und Ein- bisse in die Mundschleimhaut) [Grötz, 2016]. Häufigkeitsraten und Risikoprofil Sowohl in der Therapie der Osteoporose und in der Therapie der Krebserkrankungen mit Knochenmetastasierung als auch in der Behandlung des Multiplen Myeloms sind die antiresorptiven Medikamente fester Be- standteil der leitliniengerechten Therapie. Obendrein werden antiresorptive Medika- mente zunehmend ab dem Moment der Erstdiagnose einer Krebserkrankung zur Vor- beugung skelettbezogener Komplikationen eingesetzt [Wagner-Johnston, 2015; Raje, 2018]. Demnach ist zu erwarten, dass mit immer neuen Indikationsstellungen und Zulassungen die Verordnungshäufigkeit der antiresorptiven Medikamente weiter zu- nehmen wird. Grundsätzlich gilt: je länger eine antiresorp- tive Therapie andauert und je höher die Dosierung der antiresorptiven Medikamente ist, desto höher ist auch die Gefahr der Ent- wicklung einer Kiefernekrose. Durch eine verbesserte onkologische Therapie mit län- geren Überlebenszeiten und einer generell längeren Lebenserwartung wird voraus- sichtlich zukünftig sowohl die Anzahl an Pa- tienten, die antiresorptiv behandelt werden, als auch die antiresorptive Behandlungs- dauer an sich weiter steigen. Um die richtigen Entscheidungen in der zahnärztlichen Behandlung zu treffen, ist es wichtig, eine Risikobewertung des Patienten vor, unter und nach antiresorptiver Therapie durchzuführen. Hier hat sich die Einteilung des Risikoprofils in die Kategorien „niedrig“, „mittel“ und „hoch“ etabliert. Zur niedrigen Risikogruppe gehören Patienten, die aufgrund einer primären Osteoporose antiresorptiv Handelsübliche antiresorptive Medikamente Wirkstoff N-haltige Bisphosphonate: Zolendronsäure Pamidronsäure Ibandronsäure Alendronsäure Risedronsäure Nicht-N-haltige Bisphosphonate: Etidronsäure Clodronsäure RANKL-Antikörper: Denosumab Tabelle 2: Vereinfachte schematische Darstellung der derzeit häufigsten handelsüblichen antiresorptiven Medikamente, deren Zulassung für die mögliche Indikationsstellung, Einnahmemodus sowie Handelsbezeichnung. * Prävention SK – Vorbeugung skelettbezogener Komplikationen bei Krebspatienten ohne Metastasen Quelle: MKG Heidelberg Indikation x x x x x x x x x x x x x x x x x Applikation i.v. i.v. i.v./p.o. p.o. p.o. p.o. i.v./p.o. s.c. Handelsname Zometa®, Aclasta® Aredia®, Axidronat®, Pamifos® Bondronat®, Bonviva® Fosamax®, Fosavance® Actonel®, Acara® Etidron®, Didronel® Bonefos®, Clodron®, Ostac® Xgeva®, Prolia® Metastasen Osteoporose M. Paget Plasmozytom Prävention SK* 42 Zahnmedizin

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