Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 108, Nr. 21, 1.11.2018, (2484) Grunde alles, was man isst) etwas ausmacht, wenn ich statt Mineralwasser Kakao trinke. Die Ergebnisse zeigten, dass es nicht zu einer Erhöhung der Kariogenität, sondern sogar zu einer Reduzierung [...] kam“, verdeulichte Zimmer in einer E-Mail an foodwatch. Unter Umständen nicht schlimm heißt nicht gut „Mit anderen Worten: Kakao als solcher ist nicht nicht kariesfördernd – sondern ein be- stimmtes Frühstück mit Kakao ist in dieser Konstellation offenbar weniger schlecht für die Zähne als ein solches Frühstück mit Wasser, jedenfalls, wenn man die geringe Probandenzahl für valide hält“, fasst food- watch die Forschungsergebnisse zusammen. „Darüber, woher die geringere Kariogenität des Frühstücks mit Kakao im Vergleich zum Frühstück mit Mineralwasser kommt, kann nur spekuliert werden“, stellt Zimmer in seiner E-Mail richtig. „Da das Frühstück selbst schon 31 g Kohlenhydrate enthält, ist zu vermuten, dass die zusätzlichen Kohlen- hydrate aus dem Kakao nicht mehr zum Tragen kommen, weil die Plaque sowieso schon gesättigt ist.“ Zudem könnten sich das Milchfett und der Kalziumgehalt positiv auswirken. „Spricht das nicht eher für Milch als für Kakao?“, fragte sich foodwatch. Die Ver- mutung liegt nahe, doch ungesüßte Milch war nicht Gegenstand der Untersuchung, die von der Landesvereinigung der Milchwirt- schaft NRW in Auftrag gegeben wurde. Ebenso wenig wurde untersucht, ob bei einem anderen – zum Beispiel kohlenhydrat- ärmeren – Frühstück die kariesfördernde Wirkung des Kakaos deutlich stärker ins Ge- wicht fällt. „Unsere Aussage bezieht sich nur auf den Kakao im Kontext des Frühstücks“, macht Zimmer in seiner Nachricht an food- watch klar. „Es ist keine Frage, dass ein zucker- haltiges Kakaogetränk für sich genommen Karies fördern kann.“ Gegenüber den zm erläutert Zimmer noch einmal: „Es handelt sich nicht um eine echte Studie, die publizierbar wäre, sondern um eine Messung nach den Regularien der Anerkennung als ‚zahnfreundlich‘, so wie sie von ‚Toothfriendly International‘ vor über 30 Jahren festgelegt wurden und wie sie weltweit für die Testzentren gelten. Das war allen Beteiligten von vorn- herein klar und wurde auch nie anders kommuniziert.“ FrieslandCampina nutzte die Studie irreführend foodwatch deckt auf, wie der Molkerei- konzern FrieslandCampina diese Forschungs- ergebnisse anschließend in den „gewünschten Kontext“ rückte: „Das ‚Netzwerk Schulmilch‘ des Konzerns hatte bei der Pressekonferenz eigens Reporter vor Ort und berichtete freudig erregt über den ‚Freispruch für den Kakao‘“, schreibt foodwatch. Auf mehr als 80 Seiten geht der foodwatch-Report der Frage nach, weshalb die NRW-Landes- regierung in ihrem Schul- milchprogramm gezuckerten Kakao steuerlich fördert – obwohl Kinderärzte, Zahnmediziner und Ernährungs- experten das Ge- genteil fordern. Foto: zm-nb Die Milchwirtschaft wählt die direkte Elternansprache. In Broschüren empfiehlt etwa Landliebe seine Schokomilch explizit für die Schule: Kakao sei vor allem zu empfehlen In Situationen, „in denen hohe geistige Anforderungen zu bewältigen sind“. Foto: Elternbroschüre Landliebe Fortsetzung des Artikels auf Seite 58 2 56 Politik

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