Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 108, Nr. 22, 16.11.2018, (2589) scheidung bieten zu können. Die Analyse der Gründungsmotive verdeutlicht, dass die „Notwendigkeit“ einer Niederlassung in freier Praxis (beispielsweise zur Verhin- derung von Arbeitslosigkeit) faktisch nicht mehr besteht. Nach dem Wegfall der Push-Faktoren muss also die Option einer Niederlassung auf die jungen Zahnärzte „anziehend“ genug wirken, damit diese dann den Schritt zur Gründung einer eigenen zahnärztlichen Praxis auch vollziehen. Hier können ideelle Motive („Wunsch, Menschen zu helfen“) ebenso Teil der individuellen Selbstverwirklichung sein wie materielle Ziele (Einkommen). Notwendig ist die eigene Praxis nicht mehr Dass im Rahmen der zahnärztlichen Nieder- lassung in aller Regel nicht nur der betriebs- wirtschaftlich erforderliche Return on In- vestment zur Erzielung eines nachhaltigen Praxisgewinns erwirtschaftet werden kann, sondern auch eine angemessene „Bildungs- rendite“ (= aus dem Studium resultierende Einkommenserhöhung) für das zeit- und kostenintensive Zahnmedizinstudium erzielt wird, ist empirisch belegt [Piopiunik et al., 2017]. Generell kann man also sagen, dass die Vielfalt der individuellen Motive zur Studien- und Berufswahl sowie die be- stehenden Optionen einer Spezialisierung im Rahmen der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung ihre Entsprechung in der oben angedeuteten Formenvielfalt der realisierten Niederlassungen findet. Auf dem Praxisabgabemarkt ist – beginnend mit dem Jahr 2006 – ein Angebotsüberhang entstanden, der für zahnärztliche Existenz- gründer aktuell gute bis beste Übernahme- möglichkeiten bietet. In vielen Regionen wird man mittlerweile von einem Käufer- markt sprechen können, das heißt, die Ver- handlungsmacht der potenziellen Käufer von Zahnarztpraxen dürfte tendenziell ge- stiegen sein. Der quantitative Überhang von zum Verkauf stehenden Praxen bedeutet allerdings nicht, dass jeder Kaufinteressent seine Wunschpraxis findet – die subjektiven Vorstellungen der (zumeist jungen) Käufer und der (in der Regel älteren) Verkäufer sind nicht immer in Übereinstimmung zu bringen und die objektiven Gegebenheiten (medizinischtechnische Praxisausstattung) entsprechen ebenso wenig automatisch den Wünschen des potenziellen Praxis- erwerbers. Die Unterschiede zwischen Praxisformen verschwimmen Natürlich besteht weiterhin die Möglichkeit, anstelle einer Übernahme die Existenz- gründung in Form einer Neugründung zu realisieren. Auch wenn hier – im Unter- schied zur Praxisübernahme – in den ersten Jahren der Praxistätigkeit erst ein eigener Patientenstamm aufgebaut und insofern anfangs mit vergleichsweise geringeren Umsätzen gerechnet werden muss, so zei- gen die empirischen Daten doch deutlich, dass die neugegründeten Praxen in der Folge dynamischer wachsen als die über- nommenen Praxen. Neugegründete Praxen erlauben zudem möglicherweise eine gene- rell bessere Passung zwischen den Zielen des Praxisgründers und dem realisierten Praxiszuschnitt und können somit die sub- jektive Zufriedenheit des Praxisinhabers mit der Praxisperformance erhöhen. Die Analyse hat gezeigt, dass die Entwicklung der letzten 2012 0 2013 2014 2015 2016 2017 Insolvenzen je 1.000 Unternehmen Insolvenzen je 1.000 Zahnarztpraxen 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anzahl Beschäftigte 8,7 8,0 7,4 7,1 6,6 1,9 1,2 1,1 1,2 1,3 1,0 Vergleich der Insolvenzquoten von Gesamtwirtschaft und Mundgesundheitswirtschaft Quellen: Klingenberger [nach Destatis, 2018f;lfM, 2018b; KZBV, 2017a] Anmerkung: Die Messung der Ausprägung von Eignungsmerkmalen erfolgte mit dem Fragebogen zur Diagnose unternehmerischer Potenziale (F-DPN). Die Testwerte für einzelne Eignungsmerkmale können zwischen 0=niedrigste Merkmalausprägung und 9=höchste Merkmalsausprägung variieren. Quelle: Klingenberger [nach Müller, 2010] 25
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