Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 108, Nr. 22, 16.11.2018, (2594) die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte, wenn sie „anziehende“ Bedingungen vor- finden. Die Befähigung zur Patientenversor- gung haben die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte in einem anspruchsvollen akade- mischen Studium erworben und die Bereit- schaft zur Fort- und Weiterbildung ist hoch. Ihre berufliche Tätigkeit will die junge Zahn- ärztegeneration in flexibel auf ihre Bedürf- nisse und Vorstellungen angepassten Praxis- formen ausüben. Dabei wird sie sich nicht gängeln lassen, lei- ten unter Umständen schon. Dazu bedarf es aber intelligenter Modelle, die ein positives Gründungsumfeld schaffen – ein Grün- dungsumfeld, das eine ökonomisch nach- haltige Praxistätigkeit ermöglicht und gute Lebensbedingungen bietet und der nachrü- ckenden Zahnärztegeneration die freie Wahl ihrer Berufsausübung belässt – damit der Zahnarztberuf ein freier Beruf bleibt. Dr. David Klingenberger, Dipl.-Volkswirt Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Universitätsstraße 73, 50931 Köln d.klingenberger@idz.institu te prozess kann im Einzelfall hilfreich sein – ist es aber, da nicht frei von eigenen Interessen, nicht immer. Bei der Schaffung gründungs- freundlicher Umfeldbedingungen sind in- sofern andere Maßnahmen und Akteure gefordert. Ein gesellschaftliches Thema: die Standortsicherung Das Berufsfeld des Zahnarztes beziehungs- weise der Zahnärztin zählt zu den freien Berufen, und die Zahnärzte und Zahnärz- tinnen sind (gleich ob angestellt oder in eigener Praxis niedergelassen) in diesem Sinne auch im Interesse der Allgemeinheit und des Gemeinwohls tätig. Der Sicherstel- lungsauftrag verdeutlicht, dass die Zahnärz- teschaft im Sinne des Subsidiaritätsprinzips privatautonom eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt [Isensee, 2014]. Die Öffentlich- keit ist im Gegenzug gefordert, gemeinwohl- orientierte Tätigkeiten abzusichern und gegebenenfalls zu begünstigen. Was kann dies konkret bedeuten? Für die Zahnärzteschaft spielt die demo- grafische Entwicklung nicht nur eine Rolle aufgrund der sich ändernden Versorgungs- bedarfe ihrer Patienten. Der Generationen- wechsel ergreift auch den Berufsstand selber. Bundesweit sind aktuell 35 Prozent der zahnärztlich tätigen Zahnärzte 55 Jahre oder älter und in einzelnen Kammerbereichen wie etwa Thüringen sind es gar 49 Prozent [BZÄK, 2017]. Das Problem der Praxisnach- folge haben nicht nur die Praxisinhaber, die ursprünglich einen Veräußerungsbetrag in ihre Altersversorgung einkalkuliert hatten. Das Problem betrifft insbesondere in den ländlichen Lagen solche Kommunen, in de- nen die Suche nach einem Praxisnachfolger erfolglos bleibt. Hier sind alle gefordert, neben den zahnärztlichen Organisationen eben auch alle politischen Ebenen, vom Dorfbürgermeister über den Regierungs- bezirk und die Landesregierung bis hin zu den für die Regionalentwicklung zuständigen Fachressorts auf Bundesebene. Das Thema der Standortsicherung hat lokal sehr viele Facetten mit vielen Wechselwirkungen: Für die Zahnärztin kann beispielsweise der wohnortnahe Kindergarten ein wichtiger Standortfaktor sein, für die Kindergärtnerin ist es möglicherweise die wohnortnahe Zahnarztpraxis. Die junge Generation wird sich nicht gängeln lassen Die junge Zahnärztegeneration hat genaue Vorstellungen zu Themen wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Work-Life-Balance und Lebensqualität [Kettler und Klingenberger, 2016]. Für die Niederlassung entscheiden sich Existenzgründungen und Wohnbevölkerung nach Ortsgrößenklassen Ortsgrößenklassen Landgemeinden Kleine Kleinstädte Größere Kleinstädte Kleinere Mittelstädte Größere Mittelstädte Kleinere Großstädte Große Großstadt Gesamt MW = Mittelwert, Quelle: Klingenberger Existenzgründungen (MW 2013–2016) 6,8 % 9,0 % 13,8 % 21,1 % 9,4 % 17,5 % 22,4 % 100,0 % Bevölkerungsanteil (2015) 10,5 % 13,7 % 15,8 % 19,4 % 9,2 % 14,2 % 17,2 % 100,0 % Abweichung (+/-) in Prozentpunkten –3,7 % –4,7 % –2,0 % 1,7 % 0,2 % 3,3 % 5,2 % 0,0 % Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 30 Praxis
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