Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 108, Nr. 22, 16.11.2018, (2598) men zur Kariesprophylaxe“ [DGZMK, 2013] umfassend dargestellt und begründet. Fluoride zeigen auch im Rahmen der Prä- vention und Therapie von Erosionen Effekte. Dabei konnte gezeigt werden, dass das Fluoridion in Verbindungen mit polyvalenten Metallkationen (Ti 4+ oder Sn 2+ ) eine deutlich bessere antierosive Wirkung hat als Natrium- oder Aminfluorid allein. Trotz der großen Präventionserfolge ist Karies, speziell in Risikogruppen, nicht eliminiert und Erosionen und Zahnverschleiß sind eine neue Herausforderung für die Profession. Daher stellt die Suche nach neuen Wirk- stoffen ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Einige Ansätze in Medizin und Technik zielen darauf ab, Strukturprinzipien aus der Natur auf technische oder biologische Systeme zu übertragen, um neue Ver- fahren zur Therapie oder Prävention abzuleiten (Bionik oder Biomimetik). So soll künstlich hergestelltes Hydroxyl- apatitmineral eine Nachahmung des natürlichen Zahnschmelzes darstellen. Diese sogenannten biomimetischen Substanzen sollen vielfältige positive Eigenschaften in der Mundhöhle ent- falten und beispielsweise demineralisierte Zahnhartsubstanzen remineralisieren oder reparieren sowie die Anheftung von Mikroorganismen erschweren. Gegenwärtig werden auf dem natio- nalen wie auf dem internationalen Markt einige Produkte mit Hydroxyl- apatit vertrieben, beispielsweise Swiss- dent Biocare Wellness Zahncreme (Swissdent Dental Cosmetics), Apacare (Cumdente), Karex und Biorepair (Dr. Kurt Wolff), Prokudent Actischmelz (Rossmann), Apadent und Apagard (Sangi), Megasmile Instant Whitening Zahnschnee (Curaden) oder Regenerate (Unilever). Diese Produkte werden in verschiedenen Darreichungs- formen (etwa Zahnpaste, Gel oder Mund- spüllösung) angeboten und enthalten teil- weise auch Fluorid. In welcher Form Hydroxylapatit in diesen Produkten vorliegt, ist weitgehend unbe- kannt. Bei manchen Produkten wird ange- geben, dass „Nano-Hydroxylapatit“ enthalten sei, bei anderen wird „Mikro-Hydroxylapatit“ oder einfach nur „Hydroxylapatit“ als Inhalts- stoff angegeben. Vom japanischen Hersteller Sangi wird zum Beispiel in Japan und anderen Ländern der Inhaltsstoff in Nanopartikel- form bereitgestellt, nicht jedoch in den nach Europa exportierten Produkten [Sangi Co. Ltd, 2018]. Damit sollen wahrscheinlich Vorbehalte von Verbrauchern in Europa gegenüber Nanopartikeln berücksichtigt werden. Biorepair (Coswell Spa, Italien; in Deutschland: Dr. Kurt Wolff GmbH, Biele- feld) enthält Zink-Carbonat-Hydroxylapatit in Form von Nano- beziehungsweise Mi- kropartikeln, Karex (Dr. Kurt Wolff GmbH) enthält Hydroxylapatit, aber offensichtlich nicht in Form von Nanopartikeln. Grundsätzlich sind die Inhaltsstoffe von Mundhygieneprodukten bis auf die Angaben, die nach den gesetzlichen Vorgaben auf den Verpackungen deklariert werden müssen, weitgehend unbekannt. Im Zusammenhang mit HAP-Mundhygieneprodukten ist nach Kenntnis der Autoren nur eine Studie publi- ziert, die deren Inhaltsstoffe (hier Biorepair Zahnpaste und Spüllösung) analysiert hat [Peetsch und Epple, 2011]. In diesen Formu- lierungen scheint ein Zink-substituiertes Kalzium-Phosphat-Mineral enthalten zu sein, das in Form von kugeligen bis amorphen Partikeln mit einem Durchmesser um 50 nm vorliegt. Diese Partikel bilden größere Cluster und sind nur gering kristallin. Das Verhältnis von Kalzium zu Phosphat ist 1,8 in der Zahnpaste und 1,27 in der Spüllösung. Der Kalziumgehalt liegt bei 18,6 Gewichtspro- zent in der Zahnpaste und 13,0 Gewichts- prozent in der Spüllösung. Damit liegt hier offenbar ein einfaches Kalzium-Phosphat- Mineral vor, das sich von dem hochstruk- turierten Hydroxylapatitkristall des Zahn- schmelzes deutlich unterscheidet. In dem von van Loveren herausgegebenen aktuellen Buch „Toothpastes“ wird Nano- Hydroxylapatit in der Gruppe der Putz- körper zusammen mit Silikatverbindungen, Kalziumkarbonaten, Kalziumphoshaten, Perlit und anderen aufgelistet [Lippert, 2013]. Über die Interaktion von Hydroxylapatitmineral mit der Zahn- hartsubstanz ist bislang jedoch wenig bekannt. Ebenso ist die Frage, ob Hydroxylapatit ein Wirkstoff ist, der Karies, Erosion oder die Plaquebildung beeinflussen kann, gegenwärtig nicht vollständig geklärt. Es ist auch unklar, ob es Unterschiede in der Wirkungs- weise von Nano- und Mikro- oder anderem Hydroxylapatit gibt. Einzig in einer In-vitro-Studie von Huang et al. wurde die Fähigkeit von Nano- und Mikro-Hydroxylapatit zur Remineralisa- tion künstlicher Läsionen verglichen [Huang et al., 2011]. Während sich Nano-Hydroxylapatit signifikant von der Negativkontrolle (Wasser) unter- schied, zeigte sich bei Mikro-Hydroxyl- apatit kein Unterschied zur Negativ- kontrolle. Im Folgenden soll diese Wirkstoffgruppe daher kritisch beleuchtet und besonders mögliche karies- und erosionspräventive Wirkungen diskutiert werden. Anforderungen an die Nachweise neuer Wirkstoffe Bevor neue Wirkstoffe als Alternative oder gar Ersatz etablierter Verfahren zur Prävention von Karies oder Erosion in Betracht gezogen werden können, sollten sie stufenweise wis- senschaftliche Prüfungen durchlaufen. Dazu stehen etablierte Verfahren zur Verfügung [siehe zum Beispiel: ten Cate, 1994; Wiegand and Attin, 2011; Zero, 1995]. Foto: zm-mth 34 Hydroxylapatit in Zahnpasten

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=