Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 108, Nr. 22, 16.11.2018, (2604) Jahren einen mittleren DMFT-Wert von nur 1,12. Dies weist auf eine sehr geringe Karies- aktivität der Probanden hin. Da eine Negativ- kontrolle fehlt, lässt sich nicht beurteilen, ob die Proben überhaupt demineralisierenden Bedingungen ausgesetzt waren. Daher er- laubt die Studie keine Aussage über karies- hemmende Effekte. Prävention von white spots bei festsitzender kiefer- orthopädischer Therapie Kürzlich wurde eine Studie zur Effektivität einer Hydroxylapatitzahnpaste zur Prävention von white spots in der Kieferorthopädie vor- gestellt [Schlagenhauf et al.: Microcrystalline hydroxyapatite is not inferior to fluorides in clinical caries prevention: a randomized, double-blind, non-inferiority trial]. Die Ar- beit wurde bei BioRxiv am 27. April 2018 hochgeladen, jedoch bislang nicht in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert. Die Studie ist bei ClinicalTrials.gov (identifier NCT02705456) registriert und wurde an Probanden mit hohem Kariesrisiko und kieferorthopädischer Behandlung mit fest- sitzenden Apparaturen durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie war zu- nächst der prozentuale Anteil von Patienten mit mindestens einer neu entstandenen Kariesläsion ICDAS-Code größer/gleich 2 (opake oder bräunliche Farbveränderung auf der feuchten Zahnoberfläche sichtbar) während der Beobachtungszeit von 168 Tagen. Aufgrund der niedrigen Inzidenz von Code-2-Läsionen wurde der primäre Endpunkt später in neu entstehende Kariesläsionen ICDAS-Code größer/gleich 1 umdefiniert. Die untersuchten Bereiche waren die Vesti- bulärflächen der Zähne 15 bis 25 mit Unter- suchungszeitpunkten an Tag 28, 64 und 168 nach Eingliederung der festsitzenden Apparatur. Die Studie war als Non-inferiority- Studie mit einer Toleranz von 20 Prozent an- gelegt. Es wurden 281 Patienten im Alter von 11 bis 25 Jahren eingeschlossen. Die Intervention bestand in monatlichen Recalls mit professioneller Zahnreinigung und Ap- plikation von 1-prozentigem Chlorhexidin- Gel sowie der häuslichen Anwendung der Studienprodukte, die zweimal täglich mit einer elektrischen Zahnbürste appliziert wurden. Die HAP-Testzahnpaste war Karex, die Kontrollzahnpaste war ein Aminfluorid/ Zinnfluoridprodukt (Meridol). Etwa 58 Prozent der Patienten hatten zum Studienende ICDAS-Code größer/gleich 1 und 28 Prozent ICDAS-Code größer/gleich 2 Läsionen entwickelt, es zeigte sich für beide Parameter kein statistisch signifikanter Unter- schied zwischen den beiden Gruppen. Auf Zahnebene (n=1.085) analysiert zeigten sich am Studienende bei etwa 15 Prozent der Zähne ICDAS-Code-1- und bei 5 Prozent der Zähne ICDAS-Code-2-Läsionen, es be- stand ebenfalls kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Die Autoren kommen daher zu dem Schluss, dass die HAP-Zahnpaste der Fluoridzahn- paste nicht unterlegen ist. Bei Durchsicht der Literatur zeigt sich, dass es gegenwärtig sehr unterschiedliche Methodiken zur Erhebung von white spots gibt, daher schwanken die Daten zur Inzi- denz (23 bis 75 Prozent) und Prävalenz (46 bis 97 Prozent) dieser Läsionen erheblich (größer/gleich 12 Monate nach Therapie- beginn; [Sundararaj et al., 2015]). Deshalb ist es schwierig, die in der Studie berichteten Daten einzuordnen. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss in Betracht gezogen werden, dass die monatlichen Recalls einschließlich der entsprechend häufigen CHX-Applikationen möglicherweise bereits einen präventiven Effekt hatten und Zahnpasteneffekte gar nicht mehr dargestellt wurden. Weiterhin ist insgesamt sehr wenig über geeignete Präventionsstrategien bei dieser offenbar sehr aggressiven Kariesform be- kannt [Benson et al., 2013]. Bestenfalls las- sen sich Effekte von zusätzlichen Maßnah- men, seien es beispielsweise Fluoridlacke, hochdosierte Fluoridzahnpasten [Sonesson et al., 2014] oder Gele sowie Chlorhexidin [Okada et al., 2016] gegenüber Fluorid- zahnpasten allein einschätzen. Auch aus diesem Grund ist es schwierig zu beurteilen, ob den (Fluorid-)Zahnpasten im Rahmen der Prävention von white spots überhaupt eine Wirksamkeit zugeschrieben werden kann. Lässt man die Effekte von Chlorhexidin un- berücksichtigt, wäre daher vor dem Hinter- grund der nachvollziehbar fehlenden Placebo- gruppe weiterhin zu hinterfragen, ob die Kontrollfluoridzahnpaste, mithin auch das HAP-Testprodukt, überhaupt einen Effekt hatten. Nicht zuletzt enthält die untersuchte HAP- Zahnpaste Usnea barbarata Extract. Usnin- säure wurde bereits 1844 isoliert und ist viel- fach in Kosmetika als aktiver Wirkstoff, aber auch als Konservierungsmittel eingesetzt worden [Ingolfsdottir, 2002]. Sie scheint einen erheblichen antimikrobiellen Effekt zu haben und wird beispielsweise als vielver- sprechender Wirkstoff gegen multiresistente Keime diskutiert [beispielweise Gupta et al., 2012; Francolini et al., 2018]. Es müsste daher auch überlegt werden, ob mögliche Effekte der Karex-Zahnpaste möglicherweise nicht auf HAP, sondern auf potenzielle Wir- kungen von Usnea barbarate Extrakt auf das Foto: zm - mth 40 Hydroxylapatit in Zahnpasten
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