Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2819) zm 108, Nr. 23- 4 Die Patientin stellt sich regelmäßig und eng- maschig in unserer Tumorsprechstunde zur Nachsorge vor, die regelmäßige klinische und radiologische Kontrollen umfasst (Ab- bildung 8). Diskussion Tumoren der Speicheldrüsen machen etwa fünf Prozent der Kopf-Hals-Tumore aus und können sowohl benigne als auch maligne sein. Der Großteil der Tumore ist mit etwa drei Viertel aller Speicheldrüsentumoren gutartig, nur etwa ein Viertel ist bösartig. Als Faustregel gilt: je größer die Glandula salivatoria, desto häufiger sind die Raum- forderungen gutartig, je kleiner die Drüsen, desto häufiger können sie maligne entarten. Am häufigsten entstehen Speicheldrüsen- tumoren in der Glandula parotis (mit etwa 80 Prozent) und in der Glandula subman- dibularis (etwa 15 Prozent). Tumoren der kleinen Speicheldrüsen, insbesondere des Gaumens sind selten. Der häufigste gut- artige Tumor der Speicheldrüsen ist das pleomorphe Adenom. Es ist meist im lateralen Teil der Glandula parotidea oder am Übergang vom harten zum weichen Gaumen lokalisiert. Der Tumor an sich bereitet in der Regel keine Schmerzen und ist lange asymptomatisch. Seine pro- grediente Größenzunahme kann allerdings zu Verdrängungssymptomatiken, Schluck- beschwerden und Schwellungsgefühl führen. Histologisch handelt es sich um einen epithelial-mesenchymalen Mischtumor, der von einer Pseudokapsel umgeben ist. Therapie der Wahl ist die Exstirpation. Kommt es hierbei zu Verletzungen der Kapsel und bleiben dadurch mikroskopische Tumor- reste im Körper, ist häufiger mit Rezidiven zu rechnen. Je länger ein pleomorphes Adenom besteht, desto höher wird sein Entartungsrisiko zum Karzinom ex pleomorphem Adenom [Brauner et al., 2016; Chen et al., 2010; Zbaren, Zbaren, Caversaccio & Stauffer, 2008]. Zu den zahlreichen malignen Tumorarten der Speicheldrüsen zählt das in unserem Fall beschriebene polymorphe Adenokarzinom. Bei Diagnosestellung sind bereits circa 30 bis 50 Prozent dieser Tumore cervical in Lymphkoten metastasiert. Epidemiologisch ist es etwas häufiger bei Frauen zu finden, wobei der Altersgipfel im sechsten Lebens- jahrzehnt liegt. Insgesamt liegt die Häufigkeit des poly- morphen Adenokarzinoms unter den intra- oralen Speicheldrüsentumoren unter einem Prozent [Buchner, Merrell & Carpenter, 2007; Evans & Luna, 2000; Hunter, Smith & Brandwein-Gensler, 2008; Tsang, Tung & Chan, 1991]. Er geht zumeist von den kleinen Speicheldrüsen des Gaumens aus. In der Parotis ist dieser Tumor eher selten zu finden, entsteht jedoch gelegentlich durch Entartung eines pleomorphen Adenoms. Bei polymorphen Adenokarzinomen kom- men Fernmetastasen nur in einem bis vier Prozent der Fälle vor. Die Zehn-Jahres- Überlebensrate liegt bei rund 96 Prozent [Castle, Thompson, Frommelt, Wenig & Kessler, 1999; Patel et al., 2015]. Das polymorphe Adenokarzinom wird zu den niedrig malignen Tumoren gezählt. Eine wichtige histopathologische Differenzial- diagnose ist das adenoid-zystische Karzinom, das ein deutlich aggressiveres Verhalten zeigt. Eine weitere bedeutende Differenzial- diagnose ist das nicht invasiv wachsende pleomorphe Adenom. Bei einer kleinen Biopsie kann eine Unter- scheidung zwischen beiden auch unmög- lich werden. Ferner können bei einem poly- morphen Adenokarzinom sowohl benigne wie maligne Anteile nebeneinander vor- kommen, wie auch dieses Fallbeispiel zeigt [Kämmerer, Kreft, Toyoshima, Al-Nawas & Klein, 2009]. In seltenen Fällen kann es zu einer High-grade-Entartung kommen [Simpson, Pereira, Ribeiro, Abdulkadir & Reis-Filho, 2002]. Der histologische Aufbau von Speicheldrü- sen besteht generell aus unterschiedlichen Zelltypen (azinär, duktal, myoepithelial). Je nach Histogenese exprimieren deswegen Speicheldrüsentumore unterschiedliche immunhistochemische Marker. Beim poly- morphen Adenokarzinom findet man epi- theliale Antigene wie Zytokeratine, vor al- lem Zytokeratin 7 (100 Prozent der Fälle), p63 (100 Prozent der Fälle), Protein S-100 (97 Prozent der Fälle), BCL-2, gelegentlich

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=