Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 109, Nr. 01-02, 16.1.2019, (8) Dentalketten – Die Politik ist gefordert \ Zum Beitrag „Skandal um spanische Dentalkette: iDental: Wenn der Franchisenehmer Zahnarzt spielt“, zm 21/2018, S. 12–13. Das zeigt ja ganz deutlich, was für Risiken durch Kettenbildung entstehen. Auch in Deutschland haben sich Zahnarztketten und Laborketten gebildet. Besonders die großen Z-MVZ sind zu einem hohen Anteil durch Investorenkapital finanziert. Sie gefährden die wohnortnahe gute und hochwertige Versor- gung, weil sie nicht durch den persönlich haftenden Zahnarzt geführt werden und nur nach finanziellen Interessen ausge- richtet sind. Deshalb sollte die Politik nun schnell die kometen- haft steigenden Gründungen der Z-MVZ verbieten. ZTM Dietrich Siepermann, RJ Lottum (NL) Fortbildung KFO – Anmerkungen zur Embryologie kindlicher Fehlbildungen \ Zur „Fortbildung Kieferorthopädie: Kindliche Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich: Therapiekonzepte an der Schnittstelle“, zm 23-24/2018, S. 52–61. Der Beitrag stellt sehr schön die kindlichen Fehlbildungen und mögliche Therapiekonzepte zusammen; jedoch zum Abschnitt „Embryologie“ fühle ich mich verpflichtet, einige ergänzende Anmerkungen zu machen: 1. Als mögliche Erklärungen für Fehlbildungen werden der Vorder- und der Hinterkopforganisator genannt. Dies sind Begriffe aus dem letzten Jahrhundert, als man nicht wusste, wie die Gesichtsentwicklung gesteuert wird. Durch die Verwendung des Begriffs „-organisator“ wird nicht erklärt, wie die Gesichts- entwicklung geregelt wird. Inzwischen wissen wir ja immerhin, dass es ge- netische und epigenetische Vorgänge sind, wobei wir wenigstens aufgrund von Knock-out-Versuchen einige steuernde molekulare Signale etwas ein- grenzen können 1 . Natürlich bleiben dabei noch viele Fragen offen. 2. Die Entstehung einer Lippenspalte hat eine ganz andere Genese, als die Entstehung einer Gaumenspalte. Im Beitrag wird knapp beschrieben, dass die Lippenspalte entsteht, wenn die Verschmelzung des medialen Nasen- wulstes mit dem Oberkieferwulst unterbleibt. Tatsächlich ist zwischen bei- den Wülsten eine gekerbte Einsenkung des Epithels erkennbar, aber sie sind beide durch das darunterliegende Mesenchym miteinander verbunden 2 . Die eingekerbte Oberlippe ist also ein Kontinuum, bestehend aus Hoch- und Tiefreliefs, welches sich im Laufe der normalen Entwicklung durch Pro- liferation des Mesenchyms glättet 3,4 . Eine „Verschmelzung“ zweier Wülste findet also eigentlich nicht statt. Eine Lippenspalte würde dann entstehen, wenn das Mesenchym aufgrund mangelhafter Proliferation nicht in der La- ge ist, die Epithelkerbe zum Verstreichen zu bringen. Dann wächst das äu- ßere Epithel in die Tiefe und trennt die mesenchymale Verbindung. Damit wird die eigentlich kontinuierliche Oberlippe aufgrund einer Vertiefung ih- rer zeitweisen Einkerbung gespalten 5 . 3. Das Foramen incisivum ist nicht die Verschmelzungsstelle zwischen pri- märem und sekundärem Gaumen. Durch das Foramen incisivum ziehen Nerven und Gefäße hindurch. Wenn das Foramen wirklich dadurch entste- hen würde, dass bei der „Verschmelzung“ der drei Gaumenanteile ein Loch übrig bleibt, dann müssten doch die Gefäße und Nerven vorher frei in der Mund-Nasenhöhle „herumgehangen haben“. Tatsächlich ist es so, dass das Foramen incisivum von Anfang an im primären Gaumen lokalisiert ist. Dort bleibt es auch bei der Vereinigung der drei Gaumenanteile. Die Ver- schmelzungsstelle, dort, wo die anterioren Anteile des sekundären Gau- mens mit dem primären Gaumen in Kontakt kommen, liegt dorsal vom F. incisivum und wächst vollständig zu 6 . 1 Francis-West, P. et al.: Craniofacial Development: The Tissue and Molecular Interactions That Control Development of the Head. Springer, Berlin 2003. 2 Steding, G.: The Anatomy of the Human Embryo. Karger, Basle 2009. 3 Radlanski, R.J.: Orale Struktur- und Entwicklungsbiologie. Quintessenz, Berlin 2011. 4 Radlanski, R.J.: Pränatale Gesichtsentwicklung. Kieferorthopädie 30 (2016) 259–272. 5 Voigt, A. et al.: Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten. Der Pathologe 4 (2017) 241–247. 6 Radlanski et al.: Prenatal Morphogenesis Of The Human Incisive Canal. Anatomy and Embryology 208 (2004) 265–271. Prof. Dr. Dr. Ralf J. Radlanski, Berlin Niederlassung oder Niedergang – Erpressung gibt es auch bei Vertragsärzten \ Zum Leitartikel von Prof. Benz „Niederlassung oder Niedergang“, zm 22/2018, S. 8. Sehr geehrter Herr Benz, in Ihrem Leitartikel zu den Hand- lungsoptionen von Berufs- einsteigern schreiben Sie zu „Kommerzorientierung mei- den“: „Wer so etwas hört, muss die Reißleine ziehen.“ Wer angestellt ist, kann das tun. Als freiberuflich selbst- ständiger Zahnarzt geht das nicht mehr. Da wird man von den Vertretern der GKV und ihren Helfern gnadenlos er- presst. Unsere Gemeinschaftspraxis mit Schwerpunkt Kinderzahn- heilkunde musste sich kürz- lich wegen zu vieler minima- linvasiver, minimal zahnschä- digender einflächiger Füllun- gen dem Tribunal des „Be- schwerdeausschusses“ stel- len. Rückforderungsbetrag: mehr als ein halbes Jahresge- halt. Vorwurf der Krankenkas- se: Wir rechneten Füllungen ab, die nicht erforderlich sei- en. „Beweis“: Andere Zahn- ärzte rechnen weniger Füllun- gen ab. Aussage des Zahnarz- tes im Prüfungsausschuss: An- stelle der Füllungen stünden reichlich Röntgenleistungen, ZE, PA und diverse Begleitleis- tungen zur Verfügung. Ergeb- nis: Rückforderung: ein volles Jahresgehalt. Drohung: Wenn wir widersprechen, wird es noch erheblich teurer. Nachdem ich der Erpressung nachgegeben hatte, wurde ich vom Vorsitzenden lä- chelnd verspottet. Jeder Zahnarzt, der die Selbststän- digkeit in der GKV erwägt, sollte vorher einmal persön- lich einem solchen Verfahren beiwohnen. Die Selbststän- digkeit zu empfehlen, ohne eine entsprechende Warnung auszusprechen, finde ich fahr- lässig und unredlich. Dr. Alkemper, Hamm 10 Leserforum

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