Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 109, Nr. 01-02, 16.1.2019, (64) von einer Reihe von Risikofaktoren beeinflusst, die einerseits modifizierbar (beispielsweise ungenügende Mundhygiene, Rauchen, Adi- positas, unkontrollierter Diabetes), anderer- seits nicht-modifizierbar (Genetik, syste- mische Erkrankungen) sind. [Chapple et al., 2017; Jepsen et al., 2017; Lertpimonchai et al., 2017; Knight et al., 2016; Schäfer et al., 2015; Genco & Borgnakke, 2013]. Die Diagnostik der Parodontitis beinhaltet eine sorgfältige Erfassung und Dokumen- tation von Sonderungstiefen, klinischen Attachmentverlusten, Sondierungsblutun- gen (BOP), Zahnlockerungen, Furkations- beteiligungen sowie eine röntgenologische Beurteilung des parodontalen Knochen- niveaus. Die individuellen Rikofaktoren werden ebenfalls ermittelt. Hieraus ergeben sich die relevanten Daten zur Diagnose der Parodontitis nach Stadium und Grad ge- mäß der im Sommer 2018 vorgestellten Neuen Klassifikation parodontaler Erkran- kungen [Jepsen, 2018c; Papapanou et al., 2018]. Die systematische PAR-Therapie beinhaltet die Phasen der \ antiinfektiösen, Ursachen-gerichteten, nicht-chirurgischen Therapie zur supra- und subgingivalen Entfernung des Bio- films und harter Auflagerungen, \ gegebenenfalls der weiterführenden chirurgischen Parodontitistherapie zur Korrektur verbliebener tiefer Defekte sowie \ der Langzeitbetreuung durch eine un- terstützende Parodontitistherapie (UPT), wie sie auch im PAR-Versorgungskonzept von KZBV, BZÄK und DG PARO abgebildet sind [Kebschull et al., 2018; KZBV, 2017]. Diagnostische Reevaluationen nach der antiinfektiösen und der chirurgischen Phase sind dabei sehr wichtig und dienen der Dokumentation und Bewertung des The- rapiefortschritts und -erfolgs. Insbesondere eine fortgeschrittene beziehungsweise schwere Parodontitis (Stadium III und IV entsprechend der Neuen Klassifikation) ist durch tiefe Taschen, weit fortgeschrittene Attachmentverluste und parodontale Knochendefekte gekennzeichnet. Bei ge- eigneter Indikationsstellung können be- troffene Zähne von regenerativer Therapie profitieren, denn es gibt zunehmende Evidenz dafür, dass Maßnahmen der rege- nerativen Parodontalchirurgie zum Lang- zeiterhalt von Zähnen mit initial tiefen Taschen in Verbindung mit vertikalen Defekten beitragen [Bröseler et al., 2017; Cortellini et al., 2017; Miron et al., 2016; Kao et al., 2015; Cortellini et al., 2011]. Als Endpunkte der aktiven PAR-Therapie, deren Erreichen die Voraussetzung für die Überführung des Patienten in die Phase der UPT ist, dienen Kriterien der Schweizer Qualitätsleitlinien [Mombelli et al., 2014]. Gefordert wird unter anderem eine wesentliche Reduktion des Blutens auf Sondieren (BOP) sowie eine Reduktion der Sonderungstiefen auf Werte unter 5 mm. Das Belassen von Resttaschen hingegen führt zu einem deutlich erhöhten Risiko für künftige Attachment- und Zahnverluste [Matuliene et al., 2008]. In der Neuen PAR- Klassifikation wird der Zustand parodon- taler Gesundheit nach erfolgreicher PAR- Therapie durch das Vorliegen von Sondie- rungstiefen kleiner/gleich 4 mm definiert, wobei Taschen mit 4 mm Sondierungstiefe keine Sondierungsblutung aufweisen soll- ten [Chapple et al., 2018]. Gleichzeitig wird betont, dass auch ein solcher, erfolg- reich behandelter Parodontitispatient im- mer das Risiko einer erneuten Erkrankung in sich trägt. Ganz entscheidend für eine günstige Langzeitprognose von Parodon- titispatienten ist die Teilnahme an einer risikoorientierten Nachsorge im Rahmen der systematischen UPT [KZBV, 2017; Lee et al., 2015, Sanz et al., 2015]. \ Plaque-Akkumulation insbesondere bei un- zureichender Mundhygiene die parodontalen Parameter vorübergehend, aber auch lang- fristig verschlechtern können [Davis et al., 2014; Ghijselings et al., 2014; Bollen et al., 2008]. Darüber hinaus können orthodontische Zahnbewegungen je nach Art, Dauer und Disposition des Patienten irreversible Wurzel- resorptionen induzieren. Als gesicherte Risiko- faktoren gelten neben der genetischen Dis- position vor allem die Dauer, das Ausmaß der Bewegung und sogenannte Jiggling- Bewegungen mit höheren Kräften [Shen et al., 2017; Eross et al., 2015; Kocadereli et al., 2011; Walker, 2010; Weltman et al., 2010]. Faktoren für eine erfolgreiche Therapie Vor dem Hintergrund möglicher gegen- sätzlicher Effekte sollen hier kurz relevante Grundlagen in Erinnerung gerufen werden, um daraus herzuleiten, worauf für die Er- reichung einer klinisch positiven Bilanz bei einer kombiniert parodontologisch-kiefer- orthopädischen Therapie zu achten ist. Orthodontische Zahnbewegungen sind die Folge einer durch Mechanotransduktion ver- mittelten Modellation des Alveolarfortsatzes und des Parodontiums. Dabei kommt es in Gegenwart von Inflammationsmediatoren und Wachstumsfaktoren zu Resorptions- und Regenerationsprozessen. Bei mechanischer Stimulation von Stützgeweben können pro- liferative und anabole Effekte ihrer zellulären Systeme und extrazellulären Matrix hervor- gerufen werden. So kann eine kieferortho- pädische Zahnbewegung zur Erzeugung einer positiven Bilanz bei der Modellation der Knochen und Weichgewebe genutzt werden [Galli et al., 2010; Danciu et al., 2004; Diedrich et al., 1996]. Um dies zu erreichen, müssen negative Einflussfakoren minimiert und das zur Verfügung stehende Potenzial der Regeneration beziehungsweise regenerativer Techniken optimal genutzt werden. Einige der wichtigen Aspekte einer erfolgreichen Therapie sind anknüpfend aufgeführt. Aspekte der Plaquekontrolle Zahlreiche Studien haben die Auswirkung orthodontischer Zahnbewegungen auf Zähne mit einem reduzierten, aber gesun- den Parodont sowohl bei experimentellen Tiermodellen als auch an Patienten unter- sucht. Kieferorthopädische Zahnbewegun- gen per se führen nicht zu parodontalen Attachmentverlusten [Fan & Caton, 2018; Jepsen et al., 2018b; Re et al., 2000]. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Plaque-asso- ziierten parodontalen Entzündung können sie aber zu einem weiteren, unkontrollierten parodontalen Abbau führen. Deshalb muss die parodontale Entzündung vor dem Beginn 66 Zahnmedizin
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