Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03
zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (163) Aktuell erscheint das Thema auch deswegen, weil in jüngster Zeit der Begriff „bioaktiv“ für die verschiedensten Materialien verwen- det wird. Auch werden unterschiedlichste Wirkmechanismen und zu erwartende kli- nische Ergebnisse sowohl in der wissen- schaftlichen Literatur beschrieben, als auch seitens der Materialhersteller beworben. Das Spektrum der Diskussion reichte dann auch von der auf Reaktionen von und mit Zellen beschränkten Wirkweise (zum Beispiel dem Entstehen neuen Dentins in Berührung mit einem Material für die direkte Pulpa- überkappung) bis hin zu allen Effekten, die mit Zahnhartgewebe beobachtet werden können (zum Beispiel Aufnahme von Fluorid im Zahnschmelz). Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Begriff Bioaktivität bereits 1988 von Larry L. Hench verwendet wurde, um fundamentale Zusammenhänge bei der Organisation von Molekülen und Strukturen zu beschreiben, wie sie für das Entstehen von Knochen und die Einheilung von Implantaten notwendig sind. Diese sind aber nicht unmittelbar auf die Zahnhartsubstanz übertragbar. Der Konsens umfasst nun Materialien, die sowohl direkt mit Zellen, Geweben oder Mikroorganismen interagieren als auch über primär chemische Prozesse biologische Substanzen imitieren. Dr. Frank Pfefferkorn Dentsply Sirona Restorative Dentsply DeTrey GmbH Clinical Affairs DeTrey-Str. 1 78467 Konstanz frank.pfefferkorn@ dentsplysirona.com OA Dr. Uwe Blunck Charité – Universitäts- medizin Berlin CharitéCentrum für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde, Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin Aßmannshauser Str. 4–6 14197 Berlin ublunck@charite.de Prof. Dr. Dipl-Ing. Nicoleta Ilie Poliklinik für Zahnerhal- tung und Parodontologie, Klinikum der Universität München, LMU München Goethestr. 70 80336 München nilie@dent.med.uni-muenchen.de Die Autoren sind auch für die Übersetzung des Konsensuspapiers verantwortlich. Experten aus Praxis, Hochschulen und Industrie aus aller Welt trafen sich in Oslo. Foto: Richard Price Die Verwendung des Begriffs „Bio- aktivität“ in Zusammenhang mit einem zahnärztlichen Restaurationsmaterial soll einen vorteilhaften aktiven biologischen Prozess beschreiben. Es wird vorgeschla- gen, Restaurationsmaterialien dann als „bioaktiv“ zu bezeichnen, wenn diese, zusätzlich zu ihrer primären Funktion, die Zahnstruktur wiederherzustellen oder zu ersetzen, auch spezifische Zell- oder Gewebeantworten aktiv stimulieren oder leiten können, oder aber Wechselwirkun- gen mit mikrobiologischen Arten kontrol- lieren können. Diese Effekte sollen durch das Anwendungsgebiet, die Wirkung und die wissenschaftliche Beweisführung hierzu beschrieben werden. Der Begriff „bioaktiv“ kann auch in einem erweiterten Sinn verwendet werden, um Restaurationsmaterialien zu beschreiben, die eine oder mehrere der folgenden Bedingungen erfüllen. Sie sollten ... \ die Bildung von reparativem Gewebe induzieren; \ auflösende Bestandteile beinhalten, die normalen physiologischen Spezies zu- geordnet werden können, die an einem biologischen Prozess beteiligt sind; \ Bestandteile enthalten, die sich auf- lösen und eine antimikrobielle Aktivität aufweisen (einschließlich Materialien mit einem hohen pH-Wert); \ über eine Oberfläche verfügen, die Zellanhaftung fördert; \ eine Oberfläche besitzen, die im Kontakt mit Speichel oder Gewebeflüssigkeiten die Bildung biologisch ähnlicher Kalzium- phosphate, einschließlich Bioapatit- ähnlichem Material, einleiten kann; \ Bestandteile beinhalten, die sich auflösen und lediglich in einem chemischen Prozess eine lokale Fällung biologisch ähnlicher Kalziumphosphate, einschließlich Bioapatit- ähnlichen Materialien, bewirken können. \ Bioaktive Restaurationsmaterialien (Füllungsmaterialien, Adhäsive und Zemente) K ONSENS Porträts: privat Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 37
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