Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03
zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (174) Interdentalraum einen wissenschaftlich nachweisbaren Zusatznutzen gegenüber dem Zähnebürsten alleine haben [Sälzer et al., 2015]. Priorisiert sollen Zwischenraum- bürsten eingesetzt werden, da für diese gegenüber anderen Hilfsmitteln die höchste Evidenz besteht und diese die stärkste Gin- givitisreduktion aufweisen. Trotzdem bleibt kritisch anzumerken, dass auch durch die ergänzende Anwendung der Interdental- raumbürsten nur eine eingeschränkte Stei- gerung der Effektivität im Vergleich zum alleinigen Zähneputzen von circa einem Drittel für die Gingivitis- und Biofilmpara- meter zu erwarten ist [Sälzer et al., 2015]. Nur wenn aufgrund der morphologischen Gegebenheiten deren Anwendung nicht möglich ist, soll auf andere Hilfsmittel wie zum Beispiel Zahnseide ausgewichen wer- den. Deshalb soll die Anwendung von Hilfs- mitteln zur Interdentalreinigung immer in- dividuell von zahnärztlichem Fachpersonal instruiert werden, da die Auswahl der Hilfs- mittel (zum Beispiel Größe der Zwischen- raumbürsten) auf die anatomischen Verhält- nisse abgestimmt werden muss (Tabelle 1). Zur Beurteilung der Risiken bei Anwendung der Hilfsmittel zur Interdentalraumreinigung fand sich keine ausreichende Evidenz. Dies sollte zukünftig Forschungsgegenstand sein, insbesondere für neuartige Zwischenraum- bürsten mit flexiblem Kunststoffkern (metall- frei ohne Drahtkern) und elastoforme Bors- ten (Tabelle 1), die eine bessere Akzeptanz im Vergleich zu allen bisherigen Hilfsmitteln in der Interdentalraumhygiene ermöglichen könnten [Abouassi et al., 2014]. 3. Welche Effekte hat die zusätzliche Ver- wendung von Zahnpaste? Auch wenn es für viele Anwender ungewöhn- lich erscheinen mag, haben Zahnpasten keinen zusätzlichen Effekt bei der Reduktion von Gingivitis gegenüber dem Zähneput- zen mit der Bürste allein. Aus Gründen der Akzeptanz und vor allem aus kariologischer Sicht soll dennoch eine fluoridhaltige Zahn- paste beim Zähnebürsten verwendet wer- den [Van der Weijden et al., 2015; Geurtsen et al., 2016]. Allerdings sollte darauf geach- tet werden, dass bei exponierten Wurzel- oberflächen keine höher abrasiven Zahn- pasten angewendet werden. 4. Welche Besonderheiten müssen bei Implantaten beachtet werden? Es bestand ein starker Konsens, dass auch bei dentalen Implantaten ein mechanisches Biofilmmanagement zur Kontrolle peri- implantärer Entzündungen erforderlich ist [Salvi und Ramseier, 2015]. Es gibt zwar Unterschiede in der Biofilmbesiedlung, ein- schließlich deren Folgen aufgrund der ver- schiedenen Materialeigenschaften zwischen Implantat- und natürlichen Zahnoberflächen [Salvi et al., 2015], es gibt aber zu wenig Studien, um abweichende Empfehlungen gegenüber natürlichen Zähnen formulieren zu können. Daher sind die Empfehlungen zum häuslichen mechanischen Biofilm- management analog zu denen für natürliche Zähne, und es wird davon ausgegangen, Übersicht der mechanischen Hilfsmittel zur Interdentalraumreinigung adaptiert entsprechend dem Attachmentverlust im Interdentalraum Interdentalraummorphologie Gingivitis und/oder parodontale Rezession Erste parodontale Veränderun- gen, zum Beispiel durch subgin- givale Füllungsränder, bei über- wiegend noch unveränderter Papillenhöhe Offene Interdentalräume bei fortgeschrittener Parodontitis beziehungsweise postoperativen Retraktionen der Gingiva, ein- gängige Furkationen, Zahnersatz mit Nischenbildung Tabelle 1 Hilfsmittel (ergänzend zur Zahnbürste) Ultrafeine Interdentalbürsten, Zahnseide Durchmesseradaptierte Interdentalraumbürsten (Zwischenraumbürsten mit flexiblem Kunststoffkern und elas- toformen Borsten – nur geringe Evidenz vorhanden) Durchmesseradaptierte Interdentalraumbürsten Vor-/Nachteile der zusätzlichen Hilfsmittel Effektiv bei korrektem Einsatz, schwierige Anwendung und hohes Traumatisierungsrisiko, keine Reinigung von Wurzel- einziehungen Effektiv, auch in Wurzeleinzie- hungen, vergleichsweise einfache Handhabung, Traumatisierungspotenzial und teils psychologische Barriere Foto: Sälzer Foto: Sälzer Foto: Graetz 48 S3-Leitlinien zur Parodontitstherapie
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