Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03
zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (177) genden Behandlungsbedarf zu rechnen ist [Jordan & Micheelis, 2016]. Zur Vermeidung und/oder zur Therapie beider Krankheitsbilder ist somit die Etablierung einer adäquaten Mundhygiene zwingend notwendig [Axelsson et al., 2004; van der Weijden & Slot, 2011]. Die wichtigste Prophylaxestrategie ist die regel- mäßige und möglichst vollständige Ent- fernung des dentalen Biofilms. Somit ist eine erfolgreiche Behandlung parodontaler Erkrankungen unabhängig von der Immun- lage nur im Zusammenhang mit einem weitgehend plaquefrei gehaltenen Gebiss möglich und setzt eine sehr gute Mund- hygiene des Patienten voraus [Lindhe & Nyman, 1975]. Dem mechanischen Management des mikrobiellen Biofilms durch die Zahnbürste und interdentale Hilfsmittel kommt hierbei die Hauptrolle der Mundhygiene zu [Berchier et al., 2008; DG-PARO-Leitlinie „Häusliches mechanisches Biofilmmanagement in der Prävention parodontaler Erkrankungen“, 2018]. Allerdings kann aus den epidemio- logischen Daten abgelesen werden, dass mit mechanischen Mundhygienemaßnah- men häufig nicht das Niveau erreicht wird, das notwendig ist, um die parodontalen Erkrankungen zu vermeiden und/oder zu therapieren [van der Weijden & Slot, 2011; Marsh, 1992; Arweiler et al., 2018; van der Weijden et al., 2015; Serrano et al., 2015]. Das vornehmliche Ziel des chemischen Biofilmmanagements ist die zusätzliche Anwendung antimikrobieller Wirkstoffe zur Hemmung oder Vorbeugung der dentalen Biofilmbildung – und damit die Prophylaxe oder Bekämpfung der Entzündung der Gingiva. Der Einsatz von chemischen Hilfs- mitteln kann beispielsweise in Form von anti- bakteriellen Mundspüllösungen als Ergänzung zum mechanischen Biofilmmanagement oder auch in bestimmten Fällen als Ersatz für die Hemmung der Plaqueneubildung er- folgen. Definiert werden solche chemischen Plaquehemmer oder Anti-Plaque-Wirkstoffe als Agenzien zur lokalen Anwendung von Wirkstoffen mit dem Ziel der Plaque- hemmung und damit der Prophylaxe von Karies und Gingivitis. Die effektivsten Wirkstoffe zum chemischen Biofilmmanagement sind Wirkstoffe, deren Aktivität in erster Linie gegen die bakterielle Plaque, aber indirekt auch gegen gingivale Entzündungen und Zahnsteinbildung ge- richtet ist [Heasman & Seymour, 1994]. Die Effektivität solcher Zusätze wird maßgeblich von dem antibakteriellen Potenzial und der Verweildauer des Wirkstoffs im Mund bestimmt [Goodson, 1989]. Im Rahmen der Applikation ist der direkte Kontakt des Wirk- stoffs in Mundspüllösungen am Wirkungsort auf die kurze Zeit der Spülung im Mund be- schränkt [Guggenheim, 1990]. Anschließend bewirkt der Speichelfluss einen schnellen Abtransport der Wirkstoffe. Eine hohe Sub- stantivität, das heißt, eine verlängerte aktive Wirkung einer chemischen Substanz über die Spülzeit hinaus, verbessert die Effektivität eines Wirkstoffs in der Mundhöhle und stellt neben der direkten Abtötung der Mikro- organismen die wichtigste Einflussgröße für die unterschiedliche Wirksamkeit der einzelnen Wirkstoffe dar. Manche Wirkstoffe besitzen – zumeist durch ihre Ladung und gute Anlagerung an orale Strukturen – eine eigene Substantivität oder sie werden in ihrer Wirkung durch Zusatzstoffe oder Wirk- stoffkombinationen erhöht. Die Kombination aus klinischer Wirksamkeit und Substantivität in der Mundhöhle ergibt dann Agenzien beziehungsweise Produkte, die nicht nur in vitro einen Effekt haben, sondern dem Management von Plaque und Gingivitis dienen. Neben der Gingivitis- reduzierenden und Plaque-hemmenden Wirkung ist für den Verbraucher zusätzlich ein frischer, guter Geschmack der Mund- spüllösung von Bedeutung. Aus medizi- nischer Sicht sollten nur solche Wirkstoffe angewandt werden, bei denen systemische Nebenwirkungen, Toxizität, Resistenzbildung und allergische Reaktionen ausgeschlossen sind. Ziel der Leitlinie Da der Gingivitis-Prävention und -Therapie damit sowohl für den Erhalt der parodonta- len Gesundheit als auch des parodontalen Gewebes eine primäre und entscheidende Aufgabe zukommt [Addy & Moran, 1997], ist das Ziel der Leitlinie, den Anwendern eine Entscheidungshilfe zur Prävention und Therapie gingivaler Erkrankungen mittels Mundspüllösungen zu geben. Hierfür wurde die klinische Wirksamkeit der zusätzlichen Abbildungen 2a und 2b: Antibakterielle Mundspüllösungen können als Adjuvans zum mechanischen Biofilmmanagement zur Ausheilung einer Gingivitis beitragen. 51
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