Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (180) Einleitung Die Ätiologie der Parodontitis ist eng mit der Manifestation einer proinflammatorisch wirkenden bakteriellen Dysbiose durch Überwachsen spezifischer, meist gramnega- tiver Keime in den die Zähne bedeckenden bakteriellen Biofilmen (Plaque/Zahnbeläge) verbunden [Hajishengallis, 2015]. Bleibt die Parodontitis unbehandelt, kommt es zu einem Verlust von zahntragendem Ge- webe, einer apikalen Migration des Saum- epithels und letztlich zu Zahnverlusten [Flemmig, 1999]. Parodontale Erkrankungen führen zu erheblichen Einschränkungen der Kaufunktion, der Phonetik sowie der Ästhe- tik von Betroffenen und damit zu einer rele- vanten Ausgrenzung und Beeinträchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben [Brignardello-Petersen, 2017; Roumanas, 2009]. Zusätzlich hat die Parodontitis nicht nur lokale Auswirkungen auf die Integrität und Funktion des Zahnhalteapparats, son- dern führt auch häufig zu einer signifikanten Zunahme der systemisch wirksamen Ent- zündungslast [Loos, 2005]. Zentrales Ziel jeder etablierten systematischen Parodontitistherapie ist es daher, die Menge der den Zähnen aufsitzenden Bakterien durch regelmäßige professionelle wie häusliche Reinigung zu reduzieren [Tonetti et al., 2015]. Zur Effektivitätssteigerung dieser mechanischen Therapie hat sich die adju- vante Gabe systemisch wirksamer Antibio- tika etabliert. Obwohl die Evidenz aus der großen Mehr- heit klinischer Interventionsstudien einen statistisch verifizierbaren Zusatznutzen der adjuvanten systemischen Gabe von Anti- biotika im Rahmen der mechanischen, auf die Entfernung bakterieller Biofilme ausge- richteten Parodontitistherapie belegt, wird ihre klinische Relevanz kontrovers diskutiert. Aufgrund der mit einer Antibiotikagabe untrennbar verbundenen Gefahr der Ent- stehung mikrobieller Resistenzen und des Einflusses auf das gesamte Mikrobiom des menschlichen Organismus ist eine ex juvan- tibus erfolgende Antibiotikagabe kritisch zu hinterfragen. Das Vorliegen einer Parodontitis ist per se keine pauschale Indikation für eine adjuvante systemische Antibiotikatherapie. Fragestellung Das Ziel der Leitlinie „Adjuvante systemische Antibiotikagabe bei subgingivaler Instru- mentierung im Rahmen der systematischen Parodontitistherapie“ ist es, eine Entschei- dungshilfe zur adjuvanten Gabe systemisch wirksamer Antibiotika in der Parodontitis- therapie zu geben. Dabei sollte einerseits die Frage beantwortet werden, ob eine durch Studien belegte Evidenz zum Nutzen der systemisch adjuvanten Gabe von Anti- biotika nach mechanischer Biofilmentfernung verfügbar ist, und wenn ja, ob Informationen zur Indikationsstellung bezüglich Schwere der Erkrankungen, Auswahl des Antibioti- kums und Komorbiditäten existieren. Bei der Entwicklung dieser Leitlinie wurde das Regelwerk der AWMF verwendet. Die Leitlinie wurde mittels des Deutschen Leit- linien-Bewertungsinstruments (DELBI) auf Adjuvante systemische Antibiotikagabe bei subgingivaler Instrumentierung Yvonne Jockel-Schneider, Sonja Sälzer, Benjamin Ehmke, Ulrich Schlagenhauf, Bernadette Pretzl Die Wirksamkeit der unterstützenden systemischen Antibiotikagabe im Zusammenspiel mit der mechanischen Parodontitistherapie ist weithin belegt. Gleichwohl haben Antibiotika noch weitgehend unerforschte Einflüsse auf die menschlichen Mikrobiota und bergen die Gefahr von Resistenzbildungen. In diesem Spannungsfeld gibt die neue Leitlinie „Adjuvante systemische Antibiotika- gabe bei subgingivaler Instrumentierung im Rahmen der systematischen Paro- dontitistherapie“ eine evidenzgestützte Entscheidungshilfe. Quelle: Bernadette Pretzl 54 S3-Leitlinien zur Parodontitstherapie

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