Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (181) ihre methodologische Qualität überprüft. Bei der systematischen Literatursuche wurde folgende fokussierte Fragestellung im PICO- Format [Guyatt et al., 2011] formuliert: „Gibt es bei Patienten mit Parodontitis (P) bei der subgingivalen Instrumentierung im Zusammenhang mit der systematischen Parodontitistherapie mit adjuvanter syste- mischer Antibiotikatherapie (I) im Vergleich mit der Kontrollgruppe (C) Unterschiede in Bezug auf die Sondierungstiefen (TST [Taschensondierungstiefe], primäres Out- come) sowie sekundäre Outcomes (O) wie \ Attachmentgewinn oder -verlust \ BOP (bleeding on probing) \ PISA (Periodontal Inflamed Surface Area) und subjektive Parameter (mundgesund- heitsbezogene Lebensqualität, oral health related quality of life [OHRQoL])“ Empfehlungen und Statements \ Voraussetzung für eine systematische Parodontitistherapie ist die adäquate Anamneseerhebung sowie die eindeutige klinische und radiologische Befundung (unter anderem TST, Attachmentverlust und BOP) sowie Diagnosestellung. Da lebende Bakterien in intakten Biofilmen eine erhöhte Toleranz gegenüber antibiotischen Wirk- stoffen zeigen, stellt die mechanische Zer- störung der Integrität und die Reduktion bakterieller Biofilme durch ein sub- und supragingivales Debridement eine essen- zielle Voraussetzung für die Wirksamkeit ad- juvanter systemischer Antibiotika dar. Eine vorhergehende mechanische Entfernung des bakteriellen Biofilms trägt daher erheb- lich zur Verbesserung der klinischen Wirk- samkeit des verordneten Antibiotikums bei. Die Entfernung des Biofilms sollte primär durch ein geschlossenes Vorgehen minimal- invasiv direkt über einen Zugang durch die parodontale Tasche (ohne Lappenbildung) durchgeführt werden. Bei entsprechender Indikation soll die adjuvante Gabe eines systemisch wirksamen Antibiotikums nur in unmittelbarem Zusammenhang mit der mechanischen Entfernung supra- und ins- besondere subgingival anhaftender bakte- rieller Biofilme erfolgen. \ In Abhängigkeit vom Patientenalter und der Schwere der Krankheitsausprägung kann sich in bestimmten Erkrankungsfällen ein klinisch relevanter Vorteil zugunsten der adjuvanten Antibiotikatherapie ergeben. So können Patienten mit Parodontitis, die jünger sind als 56 Jahre und an mehr als 35 Prozent aller erfassten Mess-Stellen eine TST größer/gleich 5 mm aufweisen, im Rahmen der subgingivalen Instrumentierung eine adjuvante systemische Antibiotikagabe er- halten. Patienten mit Parodontitis und einem Lebensalter ab 56 Jahren und/oder einem geringeren Anteil parodontaler Läsio- nen (weniger als 35 Prozent aller erfassten Mess-Stellen mit TST größer/gleich 5 mm) sollten primär keine Antibiotikatherapie er- halten. \ Bei Patienten mit Parodontitis, die 35 Jahre alt oder jünger sind, sollte zur Verbesserung des Therapieergebnisses im Zusammenhang mit der subgingivalen Instrumentierung die adjuvante Gabe eines Antibiotikums er- folgen, sofern eine Parodontitis mit Stadium III vorliegt (aktuelle Klassifikation von paro- dontalen und periimplantären Erkrankungen und Zuständen) [Papapanou et al., 2018]. \ Parodontitispatienten mit Diabetes, Raucher: Bei Patienten mit Diabetes zeigten die verfügbaren Daten eine statistisch signi- fikant ausgeprägtere Reduktion der TST un- ter dem Einfluss adjuvanter Antibiotikagabe, wohingegen bei Rauchern die Studienlage heterogen ist. Da bislang keine gesonderten Schwellenwertanalysen für Patienten mit Diabetes mellitus oder bei Patienten mit regelmäßigem Tabakkonsum verfügbar sind, gelten für diese Patienten die dargestellten Empfehlungen. \ Bei der Frage, welches Antibiotikum im Zusammenhang mit der subgingivalen In- strumentierung verwendet werden sollte, empfiehlt die Leitlinie als erste Wahl die Kombination von Amoxicillin und Metroni- dazol. Unter Berücksichtigung der oben ge- stellten Indikationen sollte die Dosierung von Amoxicillin 500 mg und Metronidazol 400 mg jeweils 3/d für sieben Tage betra- gen. Bei Penicillin-Allergie und/oder Arznei- mittelexanthem ist die alleinige Gabe von Metronidazol zu empfehlen. Zusätzlich sol- len grundsätzlich die jeweils aktuellen Fach- informationen des Herstellers zu Dosierung und Einnahmeregelungen beachtet werden. Die Auswahl keimspezifischer Antibiotika auf Basis von mikrobiologischen Testergeb- nissen erscheint nicht sinnvoll. Dr. med. dent. Yvonne Jockel- Schneider, M.Sc. Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Uni- versitätsklinikum Würzburg Pleicherwall 2 97080 Würzburg jockel_y@ukw.de Dr. Sonja Sälzer Klinik für Zahnerhaltungs- kunde und Parodontologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3 24105 Kiel Univ.-Prof. Dr. med. dent. Benjamin Ehmke Poliklinik für Parodontologie und Zahn- erhaltung am Universitätsklinikum Münster Waldeyerstr. 30 48149 Münster Prof. Dr. med. dent. Ulrich Schlagenhauf Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Uni- versitätsklinikum Würzburg Pleicherwall 2 97080 Würzburg PD Dr. med. dent. Bernadette Pretzl Poliklinik für Zahnerhaltungs- kunde am Universitätsklini- kum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400 69120 Heidelberg Die Leitlinie „Adjuvante systemische Antibiotika- gabe bei subgingivaler Instrumentierung im Rahmen der systematischen Parodontitisthera- pie“ kann über die Websites der DG PARO (www.dgparo.de ), der DGZMK (www.dgzmk.de ) und der AWMF (www.awmf.org ) im Volltext frei heruntergeladen werden. Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 55

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