Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (183) Beispiel ein Brennofen für die Glasur) wird nicht benötigt. Die Materialeigenschaften und deren Indikationen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Thermoplaste Thermoplaste sind Materialien, die durch Wärme erweichen und dadurch leicht form- bar werden. Während der Verarbeitung können die einzelnen Molekülketten – ähn- lich einer Portion Spaghetti – aneinander vorbeigeschoben und so in eine Form ge- bracht werden. Ist die gewünschte Gestalt beispielsweise über Verfahren wie Tiefziehen, Pressen oder Spritzgießen erreicht, wird das Werkstück abgekühlt und behält danach seine Form. Theoretisch ist dieser Prozess beliebig oft wiederholbar, in der Praxis je- doch können sich die Werkstoffe mit jeder Verarbeitung qualitativ verändern. In der Zahnmedizin werden Thermoplaste für Schienen (PC, Polycarbonat, auch mit ver- schiedenen Härtestufen oder verschiede- nem Härteverlauf) oder für Prothesen (PU, Polyurethan) und festsitzenden Zahnersatz (PAEK, Polyaryletherketone) verwendet. Den Werkstoffen können anorganische Füllstoffe in kleinen Mengen zugemischt werden, um deren mechanische Eigenschaften (etwa die Festigkeit) zu verbessern oder um das Material an bestimmte Anforderungen anzupassen. Thermoplaste können auch als CAD/CAM- Rohlinge subtraktiv verarbeitet werden. Hierzu werden die Materialien industriell vorgeformt und bei Bedarf auf den Haltern für die CAD/CAM-Fertigung befestigt. Anwendungen sind beispielsweise PU für zahnmedizinische Modelle oder ebenfalls verschiedene PAEK-Varianten für Zahnersatz [Rosentritt et al., 2015; Silla et al., 2016]. PAEK ist die übergeordnete Bezeichnung von Polyetheretherketonen (PEEK), Poly- etherketonketonen (PEKK) oder Arylketon- polymeren (AKP). Namen, Struktur und Ei- genschaften dieser Polymere werden durch das Verhältnis von Keton (K)- und Ether- gruppen (E) bestimmt. Durch Zusätze wie Titanoxid (10 bis circa 30 Gewichtsprozent) oder die Anzahl der Ketongruppen kann das Polymer beispielsweise steifer gestaltet wer- den. Für die entsprechenden Indikationen ist PAEK in grau sowie in zahn- und in gingivafarben erhältlich. PAEK-Werkstoffe sind in der Regel opak und nicht trans- luzent. Für eine definite Befestigung oder Verblendung von PAEK kann die Versorgung gestrahlt (Koround 50µm, <2,5bar), kondi- tioniert (DMA/MMA Gemisch) und mit einem entsprechenden Opakersystem be- handelt werden. PAEK ist frei von Monomer, wodurch aller- dings ein Verbund mit weiteren Kunststoffen nur eingeschränkt möglich ist. Vorteilhaft sind die geringe Dichte der Materialien und das damit verbundene geringe Gewicht, was unter anderem ein Grund dafür sein dürfte, dass der Tragekomfort von PAEK- Prothesen oft als sehr gut bezeichnet wird. PAEK kann neuerdings für zahnmedizinische Anwendungen wie zum Beispiel als Verblen- dung auch tiefgezogen werden [Lümkemann et al., 2018]. Thermoplaste können prinzi- piell auch in additiven Verfahren – ähnlich einer Heißklebepistole – verarbeitet und re- pariert werden. Entsprechende Fertigungs- verfahren könnten in naher Zukunft auch in der Zahnmedizin Eingang finden. CAD/CAM-Werkstoffe und deren Indikationen (PIC: Polymerinfiltriertes keramisches Netzwerk; PAEK: Polyaryletherketon) Biegefestigkeit [MPa] E-Modul [GPa] Befestigung je nach Werkstoff meist Konditionierung je nach Werkstoff meist Indikation z. B. Reparatur Quelle: M: Rosentritt Thermoplaste 100 (PAEK: < 160) 2–3 (PAEK: <5) adhäsiv individuelle Systeme Modelle, Schienen, Prothesen, festsitzen- der Zahnersatz mit Komposit nach entsprechender Konditionierung möglich DMA-Komposite 100-200 10-18 adhäsiv Silan, MDP, Universaladhäsiv Veneer, Inlay, Onlay, Einzelzahnkrone auch auf Implantat PIC 150 30 selbstadhäsiv, adhäsiv Silan, Universaladhäsiv Abbildung 2: gefräste Prothese vor der Zahnverklebung Foto: Martin Rosentritt 57

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=