Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 109, Nr. 3, 1.2.2019, (185) Die CAD/CAM-Komposite unterscheiden sich in Art und Menge der verwendeten Füllstoffe deutlich [Awada, Nathanson, 2015; Wendler et al., 2017]. Das hat zum Beispiel Auswirkungen auf die Konditionie- rung vor der adhäsiven Befestigung. Restau- rationen aus diesen Werkstoffen werden durch Schleifen im CAD/CAM-Verfahren ge- fertigt. Individualisierungen erfolgen über Komposite und/oder Malfarben. Manche Produktbezeichnungen wie zum Beispiel „Nano(hybrid)Keramik“ sind etwas irrefüh- rend – die Materialen besitzen zwar einen hohen anorganischen Füllstoffgehalt, aber es handelt sich dabei nicht um Keramiken. Polymerinfiltrierte Keramiken Eine Sonderstellung nimmt ein als „Polymer- infiltriertes Keramisches Netzwerk (Polymer- infiltrated ceramic network: PICN)“ be- zeichnetes Material ein. Hierbei handelt es sich um eine schwammige Gerüststruktur aus Glaskeramik, die mit entsprechenden Monomeren (zum Beispiel TEGDMA, UDMA) infiltriert wird. Das Mischungsverhältnis von anorganischen Bestandteilen (circa 86 Ge- wichtsprozent) zu organischen Ingredienzen (circa 14 Gewichtsprozent) ist vergleichbar mit dem von Kompositen. Aufgrund seiner chemischen Struktur han- delt es sich um einen Werkstoff mit Polymer, der daher nicht wie Keramik bei höheren Temperaturen verblendet werden kann. Eine Individualisierung kann wie bei Kompositen über andere Komposite und entsprechende polymerbasierte Malfarben erfolgen. Eine Verarbeitung ist ebenfalls nur über die sub- traktive Fertigung (Schleifen) möglich. Fazit Die dargestellten Werkstoffe besitzen deutlich unterschiedliche Eigenschaften (Tabelle 1) und bieten dem Anwender eine Vielzahl von Indikationen sowie weitreichende klinische Optionen. Im Gegenzug sollte der Anwender allerdings über gewisse Grundkenntnisse verfügen, um die Optionen der Werkstoffe gut einschätzen und patientenorientiert ein- setzen zu können. Präparationsvorgaben, die Ver- und Bearbeitung der Werkstoffe so- wie das Wissen um die jeweils richtige Befes- tigungsstrategie sind für den langfristigen klinischen Erfolg entscheidend. Polymerbasierte CAD/CAM-Komposite bie- ten werkstoffkundlich gute Eigenschaften und wirtschaftliche Optionen für kleinere Versor- gungen vom Veneer bis zur Implantat-ge- tragenen Krone – bei letzterer beispielsweise durch das relativ niedrige E-Modul. Die im Vergleich zu Glaskeramiken und Zirkon- oxiden verkürzte Prozesskette kommt ohne Arbeitsschritte im Keramikofen aus und er- möglicht eine zeitnahe, über die intraorale Digitalisierung durchgeführte CAD/CAM- Chairside-Fertigung. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, ein Provisorium anfertigen zu müssen. Weitere Optionen sind die ein- fache Reparaturmöglichkeit der polymer- basierten Versorgung mit Füllungskomposi- ten sowie die schnelle Neuanfertigung der Versorgung aus den vorhandenen CAD/CAM- Daten, zum Beispiel für Langzeitprovisorien oder Therapien wie eine Bisserhöhung. Weitere Informationen finden Sie unter www. werkstoffkunde-kompendium.de . Prof. Dr. Dipl. Ing. (FH) Martin Rosentritt Universitätsklinikum Regensburg Poliklinik für Zahnärzt- liche Prothetik Franz-Josef-Strauß- Allee 11 93053 Regensburg martin.rosentritt@ukr.de Annett Kieschnick Freie Fachjournalistin Helmholtzstr. 27 10587 Berlin PD Dr. Dipl. Ing. (FH) Bogna Stawarczyk, Klinikum der Universi- tät München Poliklinik für Zahnärzt- liche Prothetik Wissenschaftliche Lei- terin Werkstoffkunde Goethestr. 70 80336 München Fotos: B. Stawarczyk, M. Rosentritt, zm-nb Alle Porträts: privat Werkstoffkunde für Zahnärzte V IERTEILIGE S ERIE Teil 2: Glaskeramik Teil 1: Polymerbasierte CAD/CAM-Kunststoffe Teil 3: Zirkonoxid Teil 4: Vergleich der Indikationen 59

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