Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 109, Nr. 4, 16.2.2019, (241) In den letzten drei Wochen war selbst die Gesundheitspolitik von hohem Unter- haltungswert, was an den Schweinchen lag, die mal wieder durchs sprichwörtliche Dorf gejagt wurden. Die – mit Verlaub – derzeit größte Rotte namens TSVG biegt nun auf die Zielgerade ein, eine gewisse (thematische?) Ermattung ist bereits spür- bar. In zwei Monaten wird klar sein, welche Antwort die Politik auf die mit Abstand wichtigste Frage in der zahnärztlichen Versorgung gegeben haben wird. Allerdings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Ferkel im politischen Dorf nicht mehr ganz so flink laufen wollen. Ob es daran liegt, dass diese bei näherer Betrachtung aus den immer gleichen Auf- zuchtstationen kommen? Und fehlendes „frisches“ Blut und wissenschaftliche Man- gelernährung die üblichen degenerativen Probleme ausgelöst haben? So eine Zucht- station ist die allseits beschworene Digitali- sierung, die ja mittlerweile für alles und jedes herhalten muss. So erklärte Bundes- gesundheitsminister Jens Spahn forsch den Krebs als in den nächsten 10 bis 20 Jahren für besiegt. Wie das gehen soll? Die Kurz- begründung lautet in etwa so: Weil die Digitalisierung, damit einhergehend Big Data und künstliche Intelligenz (KI) einen Quantensprung in der Behandlung ermöglichen würden. In diesem Licht erscheint sein Vorschlag, dass das BMG 51 Prozent der Anteile der Gema- tik GmbH übernehmen soll, damit es dort endlich mal voranginge, nur folgerichtig. Das nennt man wohl handstreichartige Ent- machtung der angeblichen Dauerbremser von der Selbstverwaltung. Das wäre Schweinchen 2. Seine Ministerkollegin Anja Karliczek vom „befreundeten“ Bundesministerium für Bildung und Forschung begründete in der Debatte zur Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung, im Zuge des Digital- pakts, die Notwendigkeit für den Einsatz von KI ebenfalls mit dem Kampf gegen Krebs. Die KI könne „Muster bei Krankheiten aufdecken und darauf schließen, welche Therapien erfolgversprechend seien“. Benötigt würden für die Präzisionsmedizin aber möglichst viele Patientendaten. Ah ja. Bei so viel geballter Kompetenz ist mir für die Zukunft nicht bange, vor allem dann, wenn gleichzeitig das Mantra von der Privatsphäre des Patienten vorgetragen wird. Schweinchen 3. Der FDP Abgeordnete Thomas Sattelberger kommentierte dies so: „Sie (die Ministerin) werfen Ihre strategischen Worthülsen wie tote Katzen über den Zaun und hoffen, dass die sich dann wieder irgendwie berappeln“. Passt irgendwie auch auf andere ministeriale Ressorts. Mir erschließt sich immer weniger, aus welcher Quelle sich der derzeitige poli- tische Gestaltungswille eigentlich speist. Woher rührt der Glaube der Politiker, im Zweifel alles besser zu können als diejenigen, die Versorgung seit Jahrzehnten „machen“ und an den Resultaten gemessen im welt- weiten Vergleich eine hervorragende Ver- sorgung leisten? Wir reden hier nicht von einem digitalen Wolkenkuckucksheim, sondern von täglich geleisteter Arbeit und deren Ergebnissen. Mein Favorit für Wol- kenkuckucksheime kommt allerdings nicht aus dem Gesundheitswesen, zeigt aber die grundlegende Problematik dramatisch. Einsam an der Spitze steht Grünen-Chefin Annalena Baerbock, die es vor wenigen Monaten tatsächlich schaffte, die Strom- netze zu einem Speichermedium für Strom zu erklären. Das hat nun nichts mit der Realität und schon gar nichts mit Physik zu tun, eher mit Visionen und dem Versuch, die Wirklichkeit solange zu biegen, bis sie auf die eigenen Vorstellungen von sauberer regenerativer Energie passt. Egal, für die Forderung nach „einem ambitionierten Klimaschutzgesetz, einem CO 2 -Preis, Ab- schied vom fossilen Verbrennungsmotor und der verordneten Abschaltung von alten Kohleblöcken“ reicht es allemal. Denn bei den Grünen scheint auch nachts die Sonne. Haben Sie ob dieses hanebüchenen Unsinns einen (medialen) Aufschrei gehört? Ich nicht. Die entscheidende Frage ist für mich daher: Wieviel politischen Versuch und Irrtum kön- nen wir uns in dieser Republik noch leisten? Wieviel für ein (noch) funktionierendes Gesundheitswesen? Wer schuld sein wird, wenn sich die Versorgung durch Großkapital- strukturen massiv verändert und mit großer Wahrscheinlichkeit erheblich teurer werden wird, kann ich Ihnen allerdings jetzt schon sagen: Die, die die Arbeit machen. Dazu genügt ein Blick auf das geradezu prophetische Buch von George Orwell „Animal Farm“. Sie erinnern sich an die Rolle der Schweine? Foto: zm-Axentis.de Wenn tote Katzen über den Zaun fliegen Dr. Uwe Axel Richter Chefredakteur 3 Editorial

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