Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 109, Nr. 4, 16.2.2019, (290) verordnet werden, das allerdings ebenso wie Paracetamol nicht antiphlogistisch wirkt [Kojda, 2016]. Metamizol ist jedoch aus- schließlich zur Behandlung von starken Schmerzen zugelassen. Bei leichten oder mittelstarken Schmerzen darf Metamizol nicht angewendet werden. Das Risiko für das Auftreten einer Agranulozytose steigt, falls Metamizol länger als eine Woche einge- nommen wird. Deshalb sollte das Blutbild einschließlich Differenzialblutbild während einer mehrtägigen Behandlung regelmäßig kontrolliert werden [Stamer, 2017]. Mindestens zwei Millionen Deutsche und jeder Dritte über 75 Jahre haben eine einge- schränkte Nierenfunktion [Girndt, 2016]. Prostaglandine, aber auch Thromboxan spielen dabei eine zentrale Rolle in der Regulation. Sie gelten als Garanten für eine ausreichende Nierenperfusion. Die Stimula- tion der Prostaglandinsynthese durch die Cyclooxygenasen – und in der Folge die Vasodilatation – ist besonders wichtig bei Volumenmangel infolge von Diarrhö oder Erbrechen und bei sinkendem renalem Blut- fluss, zum Beispiel bei Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose (Abbildung 1). Nimmt der Pa- tient COX-Hemmer wie NSAR ein, kann sich eine bestehende Nierenfunktionsstörung weiter verschlechtern [Murray,1995]. Des- halb erfordert die Therapie mit NSAR bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunk- tion und bei geriatrischen Patienten eine be- sonders sorgfältige ärztliche Überwachung mit regelmäßigen Kontrollen der Nieren- funktion. Grundsätzlich können alle NSAR die Wir- kung von Antihypertensiva verringern. Dies gilt auch für die ACE–Hemmer (zum Beispiel Ramipril), die mit über 59 Millionen Ver- ordnungen den ersten Platz aller ärztlichen Verordnungen einnehmen [Schröder, 2018]. In einer aktuellen, retrospektiven Kohorten- studie wurde die Nephrotoxizität bei kombi- nierter Einnahme von Antihypertensiva und NSAR anhand eines Kollektivs von knapp 500.000 Patienten überprüft. Interessanter- weise wurde bei der häufigen gleichzeitigen Gabe zweier Antihypertensiva und NSAR ein deutlich erhöhtes Risiko für Nierenschäden gefunden. Die höchste Gefährdung besteht der Studie zufolge bei kurzfristiger Gabe (in den ersten 30 Tagen der Einnahme) mit einem relativen Risiko von 1,82 [Lapi, 2013]. Antibiotika in der Zahnmedizin Die physiologischen Veränderungen im Alter disponieren zu einem erhöhten Infektions- risiko. Die besondere Sensibilität für Infek- tionen im Alter beruht auf der Kombination unterschiedlicher Faktoren. Von großer Be- deutung ist die sogenannte Immunsenes- zenz, die durch verminderte Funktionen von B- und T-Lymphozyten bedingt ist, weiter- hin die verzögerte und verminderte Reaktion des angeborenen Immunsystems und die herabgesetzte Antikörperbildung nach In- fektionen. Weitere Faktoren sind veränderte Haut- und Schleimhautabwehrfunktionen, degenerative Veränderungen von Knochen und Kollagen, eine Verminderung der respiratorischen Funktionen sowie häufig existierende Grunderkrankungen (Diabetes; renale, kardiale und hepatische Insuffizien- zen und andere) (Abbildung 1). Auch die häufige Versorgung mit prothetischem Material (Gelenkprothesen, Herzklappen, Zahnimplantate) disponiert vermehrt zu Infektionen, die diese Implantate betreffen. Symptome und klinische Infektionszeichen (wie Fieber und Schüttelfrost) sind beim älteren Menschen eher selten, und kog- nitive Störungen oder Demenz erschweren zusätzlich die frühzeitige Diagnose einer Infektion. Antibiotika haben bei Senioren normaler- weise keine anderen Nebenwirkungen als bei Jüngeren. Allerdings können Häufigkeit und Schweregrad abweichen. Die Dosis- anpassung ist aufgrund physiologischer Ver- änderungen der Pharmakokinetik schwierig (Abbildung 1). Eine fehlende Adaptation der Dosierung kann zu einer ungewollten Überdosierung und damit zu schweren Nebenwirkungen führen. Das Problem wird durch die häufige Polypharmakotherapie bei geriatrischen Patienten aufgrund zahl- reicher Arzneimittelwechselwirkungen noch deutlich erschwert [Corsonello, 2015; Pea, 2018]. Altersbedingte Veränderungen der Resorption von oral verabreichten Antibiotika können durch eine verminderte Ösophagus- peristaltik und auch die verminderte Pro- duktion von Magensäure bedingt sein (Ab- bildung 1). Ein erheblicher Anstieg des Magen-pH-Werts, zum Beispiel durch die gleichzeitige Gabe von Antazida oder Protonenpumpeninhibitoren, kann die Lös- lichkeit und die chemische Stabilität von Betalaktam-Antibiotika wie Amoxicillin so- wie von Makroliden beeinflussen und deren Bioverfügbarkeit herabsetzen. Bei den zahnärztlichen Antibiotikaverord- nungen hat Clindamycin neben den Amino- penicillinen seit Langem einen erheblichen Anteil [Halling, 2010; Halling, 2017c] (Ta- belle 2), der im Vergleich zu den ärztlichen Verordnungen in Deutschland wie auch im internationalen Vergleich sehr auffällig ist [Halling, 2017c]. Allerdings lässt sich mittlerweile eine deutliche Trendwende zugunsten der Aminopenicilline Entwicklung des Verordnungsanteils der verschiedenen antibiotischen Wirkstoffgruppen, die von Zahnärzten 2008/09 bzw. 2015 verordnet wurden (in %) Wirkstoff(gruppe) Orale Penicilline Amoxicillin Clindamycin Tetrazyklin Andere Quelle: F. Halling; Tabelle 2; (* p<0,05) ¹ Halling, 2010; ² Halling, 2017c 2008/2009¹ 22,4 19,6 50,3 3,3 4,4 2015² 9 45,8 31,7 2,7 6,8 absolute Differenz - 13,4 +26,2* - 18,6* - 0,6 +2,4 52 Zahnmedizin

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=