Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 109, Nr. 5, 1.3.2019, (392) Ein paar Fakten gefällig? \ Rund 130 Übernahmen von Unterneh- men im Gesundheitssektor stellten die Wissenschaftler von 2013 bis 2018 fest. Da- von entfielen etwa 60 Prozent auf das Jahr 2017 beziehungsweise das erste Halbjahr 2018. \ Zwei Drittel der an den Übernahmen be- teiligten Fonds hatte ihren rechtlichen Sitz in einem Offshore-Finanzzentrum. Dei meisten waren auf den Cayman Islands angesiedelt. Dorthin fließen dann die im deutschen Ge- sundheitssektor erzielten Gewinne. \ Überwiegend wurden die Übernahmen von kapitalkräftigen, Fonds-basierten Private-Equity-Gesellschaften aus verschie- denen europäischen Ländern und den USA getätigt. \ Die Übernahmen finden vor allem in drei Bereichen statt: Pflegeheime beziehungs- weise Pflegedienste (mehr als ein Drittel), verschiedene Facharztsparten (etwas mehr als die Hälfte) und Krankenhäuser (weniger als ein Zehntel. \ Stark betroffen: Zahnmedizin, Augenheil- kunde und Reha (hier besonders: Neurolo- gie, Psychosomatik und Orthopädie). \ Häufig wird eine „Buy-and-Build“-Strate- gie verfolgt, bei der fachgleiche Einrichtun- gen in eine neue Unternehmenskette inte- griert werden. Durch dieses nicht-organische Unternehmenswachstum versprechen sich die Investoren Skaleneffekte. \ Am Beispiel der Zahnmedizin wird deut- lich: Die meisten übernehmenden Private- Equity-Gesellschaften betreiben bereits fach- gleiche Ketten im europäischen Ausland. Die Integration der Ketten findet vor allem über das Angebot zentraler Funktionen für die dezentralen Betriebsstandorte statt, zum Beispiel im Rechnungswesen, im Marketing und im Einkauf. Medizinische Behandlungs- konzepte, die Qualifizierung und Fortbil- dung des Personals sowie der abgestimmte Einsatz von Technik beeinflussen die Qualität der Patientenversorgung. Die Integration der einzelnen Standorte ist jedoch unter- schiedlich weit vorangeschritten. Deshalb ist der deutsche Markt plötzlich so attraktiv Warum der Gesundheitssektor zu einem Über- nahmeziel für Private-Equity-Gesellschaften wurde, erklären sich die Autoren so: Zum einen liegt es in den regulatorischen Verän- derungen im deutschen Gesundheitswesen. Die Übernahme medizinischer Einrichtungen durch nicht-medizinische Investoren wurde in den Jahren 2004 (Einführung von MVZ) und 2015 (MVZ auch im Bereich Zahnmedizin) gesetzlich möglich gemacht. Zum anderen hat sich die Nachfrage nach Gesundheits- einrichtungen verändert. Traditionell haben Private-Equity-Gesellschaften den deutschen Gesundheitssektor wegen seiner komplexen wirtschaftlichen Geschäftsmodelle und seiner kleinteiligen Marktstruktur nämlich bisher eher gemieden. Da sie aber in den vergan- genen Jahren ein erhebliches Kapital für Übernahmen akquirieren konnten, die Zahl der erwerbbaren – großen – Unternehmen jedoch zurückgegangen ist, ist der Gesund- heitssektor zu einem für sie neuen wichtigen Anlagefeld geworden. Was sich jetzt in Deutschland abspielt, widerspiegelt den globalen Prozess. Fonds- basierte Private-Equity-Gesellschaften mach- Offshore-Investoren entern die Zahnmedizin Kapitalstarke private Finanzinvestoren kapern den deutschen Gesundheitsmarkt – vor alllem die Pflege und die Zahnmedizin. Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime werden gekauft, restrukturiert und wieder verkauft. Forscher vom Institut Arbeit und Technik Gelsenkirchen (IAT) haben die Prozesse erstmals wis- senschaft beleuchtet – am Beispiel der Dentalkette Zahneins. Foto: AdobeStock – alexlmx 18 Private Equity im deutschen Gesundheitsmarkt
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