Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 109, Nr. 5, 1.3.2019, (382) Qualitätsmanagement – Bleiben Sie obstinat! Ich liebe mein Qualitätsmanage- ment. Es war so teuer. Es steht da so schön und ordentlich im Schrank … Heute erfülle ich einen ganz wichtigen Punkt meiner quali- tätsmanagementalen To-do- Liste: Die Kontrolle der Tritte und Leitern. Lange habe ich mich darauf vorbereitet, vor allem emotional. Ich suchte die spirituelle Verbindung mit den Gegenständen der Kontrolle und rückte sie schon mal aus ihrem Schattendasein aus dem schummerigen Licht des Kellers in das grelle Neonlicht der Küche, um bald vorschrifts- mäßig die adäquate Kontrolle vornehmen zu können. Tage- lang beschäftigte ich mich mit den Biegekoeffizienten von Trittstufen, der ausreichenden Dimensionierung von Alu- Streben unter dem Aspekt der verschiedenen Druck- und Gewichtsbelastungen, bis hin zur thermischen Dynamik des Leitergestänges durch Tempera- turunterschiede zwischen dem Keller und den Praxisräumen. Endlich fühlte ich mich der Auf- gabe gewachsen und fütterte meine Organisations-App mit der Aufgabe „Kontrolle der Tritte und Leitern – Freitag“, versehen mit der höchsten Prioritäten- stufe. Es gibt für diese Kontrolle leider keine verpflichtende Dauer und keinen zu fragenden Experten. Dies obliegt dem Praxisinhaber (ach was). Nach gründlicher Überlegung unter maßgebender Berücksichtigung der Komplexität der zu tätigenden Aufgabe veran- schlagte ich 15 Minuten für eine Leiter. Es ist Freitag. 6:30 – In Ermangelung eines gelben Scheines erheben der Gatte und ich uns von unserer Bettstatt, verrichten die in Europa üblichen Reinigungs- rituale und treffen uns zur Einnahme des Frühstücks in der Küche. 7:30 – Nach frühstückbeglei- tender Büro- und Organisations- arbeit traben wir zu unseren Vehikeln und düsen ab an die Front. 7:50 – Ankunft in der Praxis und Konfrontation mit einer Krank- meldung und einer kaputten Gussmaschine im Labor. 8:30 – Nach Mitarbeiter-Umor- ganisation und Bettelanrufen beim befreundeten Labor ist Praxisbeginn … drei bestellte Patienten, zwei Schmerzfälle ... Nicht vergessen: Kontrolle der Tritte und Leitern! 10:00 – Ich gucke heute das erste Mal aus dem Fenster und bemerke Sonnenschein. Bevor ich mich darüber freuen kann, fragt mich der anwesende Pa- tient nach Amalgam-Füllungen und ob die noch gemacht wer- den. Ich widme mich der Auf- klärung – und der Job schlägt wieder wie eine Welle über meinem Kopf zusammen. Die Kontrolle der Tritte und Leitern ist im Moment verschoben. 12:30 – Die Mittagspause ver- bringe ich mit dem Techniker vor der kaputten Gussmaschine und mit der Recherche und dem Einholen von Angeboten. Die kranke Mitarbeiterin war beim Arzt und fällt für eine Woche aus. Während ich die heutigen Kon- stanzaufnahmen im Röntgen- raum begutachte, führe ich ein überfälliges Mitarbeitergespräch und unterschreibe mit der freien Hand HKPs. 14:00 – Während mein linkes Auge die Dokumentation zum Patienten kontrolliert, beobach- tet mein rechtes die Auszubil- dende bei der Abdrucknahme. Und mit dem rechten Ohr höre ich, dass eine Bestellung falsch geliefert wurde, während mein linkes Ohr hingebungsvoll dem Gesabbel der Begleitperson der Patientin lauscht. Kontrolle der Tritte und Leitern huscht mir noch durchs Hirn. 15:15 – Feierabend … für die Damen. Das wieselflinke Ver- lassen der Praxis am Freitag ver- blüfft mich immer wieder. Es sei ihnen gegönnt. Der Techniker bespricht mit mir zwei Arbeiten, das befreundete Labor hilft uns bis zum Eintreffen der neuen Gussmaschine, ein neues Mate- rial hält nicht, was es verspricht, und wird von uns abgesetzt. Mit dem Lieferanten wird Rück- sprache gehalten. Die Tritte und Leitern stehen im hellen Neon- licht. Jemand hat das Licht angelassen. 16:00 – Das Taxi steht vor der Tür. Mit dem Gatten drin. Ich mache jetzt das, was alle Zahn- ärzte immer und jedes Wochen- ende machen: Ich jette mal kurz in die Schweiz zum Skilaufen und hau mir den Pulverschnee um die Ohren! Und wissen Sie, was ich ganz bestimmt nicht tue? Die Kontrolle der Tritte und Leitern! Dr. Christiane Koch , Hannover Foto: mauritius images – BSIP SA – Alamy 8 Leserforum

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