Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 109, Nr. 5, 1.3.2019, (462) Die Therapie obliterierter Wurzelkanäle stellt mitunter auch für erfahrene Endodontolo- gen eine große Herausforderung dar. Oft- mals sind kalzifizierte Wurzelkanäle mit einem vorangegangenen Trauma assoziiert [Andreasen et al., 1987; Oginni et al., 2009]. Aber auch kariöse Läsionen [Sayegh et al., 1968], invasive Restaurationen [Fleig et al., 2017] und kieferorthopädische Maßnah- men [Delivanis et al., 1982] können einen chronischen Reiz für die Pulpa bewirken und eine Obliteration begünstigen. Darüber hinaus kann die physiologische, alters- bedingte Bildung von Sekundärdentin zu einer Verengung des Wurzelkanals führen [Johnstone et al., 2015]. Meist kommt es im Verlauf zu einer gelb- lichen Verfärbung des Zahns und radio- logisch zeigt sich ein verkleinerter Wurzel- kanal bis hin zum kompletten Fehlen dieser Struktur. Wissenschaftlich herrscht Konsens, dass die Apposition von Dentin als indirek- tes Zeichen der Vitalität zu bewerten ist und nicht jede Obliteration eine Therapie- indikation darstellt. Eine Wurzelkanalbe- handlung von kalzifizierten Zähnen ist nur bei vorliegender klinischer Symptomatik oder einer apikalen Parodontitis indiziert [Andreasen et al., 1987; Oginni et al., 2009; McCabe et al., 2012; Moule et al., 2007]. Die zeitintensive Erschließung eines kalzifi- zierten Wurzelkanalsystems ist selbst unter Zuhilfenahme des OP-Mikroskops technisch schwierig und komplikationsbehaftet [Kiefner et al., 2017]. Die Suche nach dem Wurzel- kanal führt zu einem erhöhten Verlust von Zahnhartsubstanz und birgt das erhöhte Risiko von Perforationen, Instrumentenfrak- turen und inkompletter Kanalpräparation, was letztendlich im Verlust des Zahns resul- tieren kann [Hargreaves et al., 2015; Cvek et al., 1982; Wu et al., 2011]. Computergeplante Bohrschablonen für die navigierte Implantation haben sich etabliert und gehören mittlerweile zu den Routine- verfahren. In Anlehnung an diese Technik wurde das „Guided Endodontics“-Verfahren für die Therapie von obliterierten Wurzel- kanälen entwickelt [Connert et al., 2018; Krastl et al., 2016]. Hierbei werden die DVT- Datensätze obliterierter Wurzelkanäle in eine Planungssoftware übertragen, mit den SLT- Daten von Intraoral- oder Model-Scans ge- matched und eine Navigationsschiene für den optimalen Zugang in das Kanalsystem geplant, die in Folge gefräst oder gedruckt wird. Studien zeigen, dass diese Technik eine präzise und reproduzierbare Methode zur Erschließung obliterierter Kanalsysteme ist [Connert et al., 2017; Zehnder et al., 2016]. Anhand des folgenden Patientenfalls soll das klinische und technische Vorgehen bei der „Guided Endodontics“-Therapie demonstriert werden. Fallbeschreibung Der 17-jährige Patient stellte sich mit nicht auffindbarem Wurzelkanal Zahn 23 vor. Er war allgemeinanamnestisch unauffällig. Zum Zeitpunkt der Überweisung war die Trepanation bereits erfolgt und der Zahn provisorisch gefüllt. Ein präoperatives Rönt- genbild, auf dem keinerlei Kanalstrukturen erkennbar waren (Abbildung 1) sowie ein OPTG (Abbildung 2) lagen vor. Der Patient klagte über spontanen Schmerz, der Zahn war perkussionsempfindlich, reagierte nicht auf den Kältetest. Der Klopfschall war un- auffällig, der vestibuläre Knochen im Fallbericht Guided Endodontics Benjamin Mahmoodi, Anna Lechner, Dan Brüllmann Computergeplante Bohrschablonen für die navigierte Implantation sind mittlerweile Arbeitsroutine. Angelehnt an die Technik wurde das „Guided Endodontics“-Verfahren für die Behandlung obliterierter Wurzelkanäle entwickelt. Dieser Fall zeigt das konkrete Vorgehen und diskutiert die Indikationen für den Einsatz. Foto: Benjamin Mahmood 88 Zahnmedizin
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