Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (561) Weisheitszahnosteotomie – Wir dürfen den Patienten nicht schaden! \ Zum Beitrag „Der besondere Fall mit CME: Weisheitszahnosteotomie: Dislokation mit Nervbeeinträchtigung“, zm 4/2019, S. 36–38. Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Beitrag betrifft ein Thema, dass mich bereits seit langer Zeit bewegt, auch weil die Weisheitszahnentfernung bei sehr jungen Patienten, zumindest unter meinen Patienten, immer mehr zum Regelfall wird. Beschwerden nach dem Eingriff sind nicht gerade selten, auch wenn der geschilderte Fall natürlich herausragt. Das Geschehen wirft aus meiner Sicht Fragen auf, die über die reine Falldarstellung hinausgehen. Es beginnt bereits mit dem Begriff „relativer Platzmangel“, der die Unsicherheit der Vorhersage beschreibt. Aus meiner Sicht handelt es sich um eine unsichere Prognose, aus der ein aktueller Behandlungsbedarf abgeleitet wird. Ist das angemessen? Verweisen möchte ich auf die ent- sprechende und aktuell gültige Stellungnahme der DGKFO zum Thema: https://www.dgkfo-vorstand.de/fileadmin/redaktion/ veroeffentlichungen/Stellungnahmen_Archiv/Entfernung_der_ Weisheitszahnkeime.pdf Der Durchbruch der Weisheitszähne wird nicht als eindeutige Ursache eines Platzmangels in der Front angegeben. ImWeiteren wird für die Indikationsstellung zur Weisheitszahnentfernung unter anderem auf die Lage der Zahnkeime im Unterkiefer hingewiesen. Im vorge- stellten Fall liegen die Zahnkeime „orthograd“ und es ist, gerade bei männlichen Jugendlichen, noch einiges an Wachstum zu erwarten. Diese Eskalation wäre aus meiner Sicht vermeidbar gewesen und sollte uns alle an den hippokratischen Eid erinnern. Die Behandlung dient der Heilung und soll dem Patienten nicht schaden. Ich bin froh, dass ich im Fall meiner eigenen Kinder Kraft eigener Kompetenz entscheiden konnte, was passiert. Das gilt für unsere Patienten und deren Erziehungsberechtigte natürlich nur ausnahmsweise. Denn sie sind von unserer Befundung und Therapieempfehlung abhängig. Wir haben die Verpflichtung, das Beste für unsere Patienten zu leisten und müssen immer wieder überprüfen, ob wir diesem Anspruch auch tatsächlich gerecht werden. Es gibt viele weitere Fragen die sich ergeben, wie z. B. die Frage der Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Oder bei Minderjährigen, wie weit wir den Wün- schen der Erziehungsberechtigten folgen sollten. Von forensischen Fragen, oder den Risiken einer Vollnarkose ganz zu schweigen. ZA Detlef Hjertqvist, Hamburg Foto: Kämmerer

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