Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06
zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (566) Deutsche Politiker sagen, Exzesse wie in Spanien, Großbritannien oder Frankreich, wo Patienten Opfer der Raffgier einzelner Dentalketten und Manager wurden, werde es hier aufgrund der jetzt schon strengen Gesetzgebung nicht geben. Ihre Meinung? Wir empfinden die Gesetzgebung in Bezug auf Z-MVZ in keinster Weise streng. Unserer Einschätzung nach werden Z-MVZ sogar bevorzugt behandelt, so etwa in Bezug auf Wirtschaftlichkeits- prüfungen. Wir werden hier jeden Tag angehalten, alle nur erdenk- lichen Leistungen zur Abrechnung zu bringen. Das war bei unseren früheren Arbeitsstellen überhaupt nicht der Fall. Dort gab es vom Praxisinhaber immer den Hinweis, auf die Abrechnung und die Wirt- schaftlichkeit zu achten. Gleichzeitig gab es immer die Sorge vor der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Der Bundesverband für nachhaltige Zahnheilkunde, kurz BNZK, vertritt die Z-MVZ in Deutschland. Sind Z-MVZ nachhaltig? Was denken Sie mit Blick auf Ihre persönlichen Erfahrungen und Er- lebnisse: Wie werden Z-MVZ die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland verändern? Deckt sich das Bild, das der BNZK von Z-MVZ zeichnet, mit der Realität? Die Z-MVZ haben unserer Meinung nach die Zahnmedizin in Deutschland schon nachhaltig verändert. Das Preisdumping der Z-MVZ führt unserer Meinung nach zu einer Zerstörung der Versor- gungsstruktur. Es wird sich der Trend fortsetzen und immer weniger kleine Zahnarztpraxen geben. Zudem haben Z-MVZ natürlich ganz andere finanzielle Möglichkeiten. So werden mit Dumpingpreisen auf einzelne Leistungen – wie zum Beispiel bei der PZR – Patienten in die Klinik gelockt. Im Zusammen- hang mit jeder PZR wird auch die Versichertenkarte eingelesen und auch zumindest eine ä1 abgerechnet. Das erhöht natürlich die Fall- zahlen enorm. Und wenn die Stellung im Gesundheitssystem gestärkt ist und es weniger Konkurrenz durch Kleinpraxen gibt, werden die Z-MVZ die Preise erhöhen, um noch größere Gewinne erwirtschaften zu können. So hatten wir die erste große Preiserhöhung Mitte letzten Jahres … Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus: Können Sie sich vorstellen, auch in Zukunft in einemMVZ zu arbeiten oder wollen Sie doch lieber Ihr eigener Chef sein? Da sind wir uns alle einig: Das Arbeiten in einem Z-MVZ ist stets nur kurzfristig möglich. Das gesamte System ist nicht auf eine Arzt- Patienten-Beziehung beziehungsweise Bindung ausgelegt. Diese ist sogar unerwünscht, um alle Mitarbeiter jederzeit ersetzbar zu halten und um keine wertvolle Zeit für ein persönliches Gespräch mit dem Patienten zu „verschwenden“. Auch ist der Druck im Alltag mit willkürlichen Abmahnungen und ebensolchen Kündigungen sowie einer nahezu Totalüberwachung immens. Die Fragen stellten Uwe A. Richter und Claudia Kluckhuhn. ? ? ? zm 1-2/2019, S. 18–35: Dentalketten in Europa zm 3/2019, S.18–30: TSVG und Z-MVZ in Deutschland Illustration: AdobeStock – ii-graphics, jpgon, picoStudio Quelle: INKAR-Daten/KZBV zm 5/2019, S. 18–24: Private Equity im deutschen Gesundheitsmarkt Foto: AdobeStock – alexlmx Die bisherigen Artikel zu Z-MVZ zm 4/2019, S. 24–34: Wie das TSVG die zahnmedizini- sche Versorgung verändert Die Patientenakquise erfolgt zum einen über den Schmerzdienst. Der Auftrag an uns Zahnärzte ist klar: einen Zweittermin – und wenn es auch nur eine Nachkontrolle ist – zu vereinbaren und zumindest eine im Schmerzdienst begonnene Leistung hier zu beenden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Wurzelkanalbehandlung, zu der der Patient dann natürlich auch wieder zuzahlen muss. Auf diese Art und Weise soll natürlich versucht werden, den Patienten auch über die Erstbehandlung hinaus weiter hier zu behandeln und nicht an den Hauszahnarzt zurückzuschicken. Zum anderen wird sehr viel Wert auf die jameda-Bewertungen gelegt, da viele Patienten bevor sie einen Termin vereinbaren, sich dort informieren. Die Anweisung lautet, Bewertungen von 1,0 zu generieren. Diese Bewertungen werden sogar honoriert: Der Patient erhält einen 20-Euro-PZR-Gutschein, die Helferin pro Zahnarzt- bewertung einen 20-Euro-Gehaltsbonus. Jeder neue Zahnarzt muss mindestens fünf hervorragende Bewertungen in den ersten zwei Monaten nachweisen. Auch gibt es die Aufforderung, dass sich die Zahnärzte gegenseitig bewerten sollen. Und auch die Helferinnen sind angehalten, die Zahnärzte zu bewerten. Das erklärt die un- glaublich positiven Bewertungen. Foto: AdobeStock_ thingamajiggs 16 Inside Z-MVZ
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