Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (584) Beim MI wird bewusst auf eine kon- frontative Auseinandersetzung mit dem Gegenüber verzichtet. Stattdessen steht die eigene (intrinsische) Veränderungs- bereitschaft des Patienten im Zentrum. Die MI, so erfährt der User, entfernt sich damit bewusst von einem anweisenden Therapiestil hin zu einer unterstützenden Methode, bei der der Zahnarzt auf die Aus- sagen des Patienten achtet und ihn durch konstruktive Fragen, Reflexionen und In- formationen zu einer Verhaltensänderung hin unterstützt. In die Praxis umgesetzt bedeutet dies laut Trainingsprogramm Folgendes: \ Offene Fragen: Für die Veränderungs- motivation ist es wichtig, offene statt ge- schlossene Fragen zu stellen. Statt „Putzen Sie zweimal am Tag die Zähne?“ ist es bes- ser zu fragen „Wie betreiben Sie aktuell Mundhygiene?“ \ Würdigung des Patienten: Eine weitere Grundhaltung und Kommunikationstechnik des MI ist die würdigende Haltung gegen- über dem Patienten. Dies meint, „zunächst einmal das Gute im Patienten zu sehen“, heißt es im Kurs. Beispiel einer Würdigung ist, den Patienten freundlich zu empfangen: „Ich freue mich über Ihr Kommen.“ Nach einer Behandlung könnte man sagen: „Das haben Sie prima ausgehalten.“ Berichtet der Patient von Problemen, wie etwa „Ich finde Zahnarztbesuche immer ganz schrecklich!“, empfiehlt das Training, statt einer banalen Beschwichtigung („Na, Sie werden das schon schaffen.“) gerade das Kommen trotz dieses Hindernisses zu würdigen. Eine beispielhafte Aussage wäre hier: „Und obwohl das so schrecklich für Sie ist, kommen Sie trotzdem. Stark!“ \ Anregen statt anweisen: Statt klassisch anzuweisen, „Sie müssen zweimal täglich Zähne putzen und einmal am Tag die Zahnzwischenräume reinigen!“, sei es im Sinne der partnerschaftlichen Kommuni- kation besser, auch hier offen zu fragen „Wie betreiben Sie derzeit Mundhygiene?“ oder „Was wissen Sie über Mundhygiene?“ Sollte auf die Frage „Wie gehen Sie mit Zahnseide um?“ die Antwort lauten „Na ja, so zweimal in der Woche benutze ich sie“, sollte man als Zahnarzt im Sinne der Unterstützung für den Patienten ant- worten: „Zweimal die Woche schaffen Sie schon!“ anstatt „Täglich wäre besser.“ \ Beispiel Rauchen: Belehrungen sind wenig Erfolg versprechend. Beim MI soll daher der Patient sich selbst aller negati- ven Seiten des Rauchens bewusst werden, um zu der eigenständigen Entscheidung kommen zu können, mit dem Rauchen aufzuhören. nb/sg Anregen statt anweisen So funktioniert der Kurs Anwender unterschiedliche kommunikative Entscheidungen treffen kann und dem- entsprechende Reaktionen des simulierten Patienten erhält (Abbildung). Für die simu- lierten Gesprächssequenzen stehen sowohl Beispiele für Mundhygieneförderung als auch zur Raucherentwöhnung zur Verfügung. Als weiteres Lernangebot ist ein interaktives Modul vorhanden, das zum Erlernen von MI-Bewertungen konzipiert ist [MITI-d nach Brueck et al. [2009]]. Diese Bewertungen können in einer Praxisphase ausgefüllt wer- den und zeigen an, inwieweit der Anwender letztendlich auch MI anwendet. Erste Eva- luationen bestätigen einen positiven Lern- effekt des Online-Kurses. Die Lernveranstaltung wurde zudem 2017 mit dem Preis für herausragende Lehre der Medizinischen Fakultät der Universität Frei- burg ausgezeichnet. Auch wenn das E-Learning-Programm keine Präsenzfortbildung ersetzen kann und will, zeigen erste Untersuchungen an Studierenden der Universität Freiburg, dass das Programm in der Lage ist, die Zahnarzt-Patienten-Kom- munikation im Sinne der Motivierenden Gesprächsführung zu verbessern. Die Stu- Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. dierenden verwendeten nach Bearbeitung des Gesprächs signifikant häufiger offene statt geschlossene Fragen und reflektierten ihre Patienten mehr [Woelber et al., unpublished]. Das E-Learning-Weiterbildungsprogramm „eMI-med – Onlinekurs zur motivierenden Gesprächsführung“ steht ab sofort kostenfrei in einem öffentlichen Bereich des Lernmanage- mentsystems ILIAS der Universität Freiburg unter http://bit.ly/emimed zur Verfügung. PD Dr. Johan Wölber Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Freiburg ZA Sascha Fuhrmann Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Freiburg Dr. Götz Fabry Abteilung für Medizinische Psychologie & Soziologie Universitätsklinikum Freiburg PD Dr. Andreas Jähne Deutschsprachige Gesellschaft für Motivierende Gesprächsführung e.V. (DeGeMG) Rhein-Jura-Klinik, Bad Säckingen Dipl.-Psych. Cornelia Schulz Präventionsteam des Tumorzentrums Freiburg-CCCF Universitätsklinikum Freiburg Milena Isailov-Schöchlin, M. Sc. Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Freiburg Prof. Dr. Elmar Hellwig Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Freiburg Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Freiburg 34 Praxis

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