Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06
zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (603) freigelegt sein, ohne dass dies klinisch be- merkt wird, weswegen sich die sorgfältige Inspektion der Kavität mit einer Lupenbrille empfiehlt. Da auch nach vollständiger Kariesexkavation und sorgfältiger Desinfektion Mikroorganis- men zurückbleiben können, ist es ratsam, das Überkappungsmaterial nicht nur im Bereich der Eröffnungsstelle zu applizieren, sondern auch auf das umgebende Dentin, um diese Bakterien wirksam zu bekämpfen. Dadurch lässt sich die Erfolgsrate der Pulpa- überkappung insbesondere bei Zähnen mit profunder Karies erhöhen [Bogen et al., 2008]. Allerdings muss für Kalziumhydroxid beachtet werden, dass es bei großflächiger Applikation gegebenenfalls zu Desintegration und mechanischer Instabilität kommen kann [Barnes et al., 1979; Goracci et al., 1996]. Des Weiteren ist nach Eröffnung der Pulpa im kariösen Dentin eine Kontamination des Gewebes mit infizierten Dentinspänen wahrscheinlich. Ist abzusehen, dass es zur Eröffnung der Pulpa kommt, ist daher pulpa- nah die Verwendung eines neuen, sterilen Rosenbohrers empfehlenswert. Da die Überkappung des Pulpagewebes nur nach vollständiger Exkavation der Karies indiziert ist, kann bei Exposition im kariösen Dentin nach Exkavation die Pulpotomie erwogen werden. Dadurch können bereits in die Pulpa transportierte infizierte Dentinspäne sowie geschädigte Gewebeanteile entfernt und somit die Voraussetzungen für eine Aus- heilung verbessert werden. \ Bei kariösen Zähnen ist eine Vorschädi- gung der Pulpa durch Bakterien und deren Toxine gegeben. Die direkte Überkappung sollte nur durchgeführt werden, wenn die Exkavation zum Zeitpunkt der Eröffnung abgeschlossen ist. Wird im kariösen Dentin eröffnet, so ist die weitere Exkavation nötig, nachfolgend kann die Pulpotomie erwogen werden. 9. Nachkontrollen und Erfolgsraten Der Misserfolg vitalerhaltender Maßnahmen wird durch eine Infektion verursacht, die entweder auf verbliebene Mikroorganismen oder das Eindringen von neuen Bakterien entlang eines Spalts zwischen Zahn und Fül- lungsmaterial bei defekten Restaurationen zurückzuführen ist [ Ø rstavik et al., 2007]. Dabei kann es auch unbemerkt zur Pulpa- nekrose und zur Ausbildung periapikaler Entzündungsprozesse kommen. Daher sollte die Sensibilität nach vitalerhaltenden Maß- nahmen regelmäßig getestet werden, zunächst nach 3, 6 und 12 Monaten, danach jährlich. Es eignet sich ein thermischer Sensibilitätstest mit Kältespray oder CO 2 -Schnee. Dabei ist die eingeschränkte Reaktion nach partieller und insbesondere nach zervikaler Pulpotomie zu erwarten und nicht als Misserfolgskriterium zu werten. Eine röntgenologische Überprü- fung wird nur für den Fall einer negativen Sensibilitätstestung empfohlen [Klimm, 2003]. Hierbei ist zu beachten, dass sich eine mög- liche Hartsubstanzneubildung im Bereich der Eröffnungsstelle beziehungsweise der Amputationsstelle nicht eindeutig beurteilen lässt. Auch einer geringfügigen Verbreiterung des Parodontalspalts muss keine patholo- gische Bedeutung zukommen [Ahrens et al., 1973]. Ein klinischer Behandlungserfolg nach vital- erhaltenden Maßnahmen der Pulpa liegt vor, wenn die Zähne als „klinisch unauffällig” einzustufen sind, das heißt, wenn diese auf die Sensibilitätsprobe reagieren, kein Spontan- schmerz, Schmerzen auf Palpation oder Per- kussion auftreten und keine Schwellung zu beobachten ist. Röntgenologisch dürfen keine Veränderungen, wie zum Beispiel peri- apikale Läsionen, sichtbar sein. Reagiert ein Zahn nicht auf die Sensibilitätsprobe bezie- hungsweise mit Schmerzen auf Perkussion und/oder Palpation oder zeigt sich im Rönt- genbild eine periradikuläre Radioluzenz, so ist von einem Misserfolg der Behandlung auszugehen. Auch Zähne, an denen nach Überkappung eine Wurzelkanalbehandlung indiziert ist oder die extrahiert werden müs- sen, stellen einen klinischen Misserfolg dar [Duda et al., 2009]. Die zur Verfügung stehenden Studien legen nahe, dass nach partieller Pulpotomie nicht mit einem höheren Risiko für Obliterationen des Wurzelkanals zu rechnen ist [Barrieshi- Nusair et al., 2006; Kang et al., 2017; Mass et al., 2011; Qudeimat et al., 2007]. Im Ver-
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