Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06
zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (609) pflichtung des Patienten, dem Zahnarzt die Möglichkeit auch zur Neuanfertigung ein- zuräumen, abzulehnen, begegnet das BSG nunmehr. Ebenso wie bei der Nachbesse- rung kommt auch bei einer Neuanfertigung nur dann ein Wechsel des Behandlers in Be- tracht, wenn eine Weiterbehandlung durch den bisherigen Zahnarzt dem Patienten nicht zumutbar ist. Die Schadensersatz- pflicht des Zahnarztes setzt nun also stets im Grundsatz voraus, dass ihm seitens des Patienten die Möglichkeit gegeben wird, die erforderliche Nachbehandlung kosten- frei durchzuführen; dem Patienten wird insofern eine Mitwirkungspflicht auferlegt. Dies wohl auch vor dem Hintergrund, dass sein Anspruch auf kostenfreie Erneuerung nicht auf den Festzuschuss nach § 55 SGB V begrenzt ist, sondern auch den Eigenanteil des Patienten umfasst. Ein Patient, der auf die Inanspruchnahme seiner Gewährleistungs- rechte verzichtet, belastet auch die Kran- kenkasse und somit im Ergebnis die Gesamt- heit der Beitragszahler. Eine Unbrauchbar- keit des ursprünglichen Zahnersatzes zieht nicht automatisch die Unzumutbarkeit der Nachbehandlung nach sich; auch kann aus der Erforderlichkeit einer Neuanfertigung nicht der Rückschluss gezogen werden, dem Zahnarzt sei ein besonders grober Fehler unterlaufen, der eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Folge habe. Grundsätzlich müssen weitere Umstände hinzutreten, die einen Vertrauensbruch rechtfertigen. Wann eine Nacherfüllung als für den Patienten unzumutbar einzustufen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Ins- besondere dürfte dies aber in folgenden Fällen anzunehmen sein: \ Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch einen schwerwiegenden Behand- lungsfehler; \ der Zahnarzt bestreitet einen bereits gut- achterlich bestätigten Behandlungsfehler gegenüber dem Patienten nachhaltig und zeigt sich uneinsichtig; \ der Zahnarzt hat bereits mehrfach erfolg- los versucht, Mängel des Zahnersatzes zu beheben. Vor dem Hintergrund der bisherigen haf- tungsrechtlichen Rechtsprechung ist die nunmehr erfolgte Klarstellung auch der be- stehenden Mitwirkungspflicht sowie ihrer Grenzen zu begrüßen. Prof. Dr. jur. Bernd Halbe www.medizin-recht.com BSG, Urteil vom 10.05.2017 – B 6 KA 15/16: Schadensersatzanspruch wegen mangelhafter Versorgung mit Zahnersatz; Zumutbarkeit der Nacherfüllung Denn: Der erstbehandelnde Zahnarzt muss immer Gelegenheit bekommen nachzubessern, sonst entfällt der Schadensersatzanspruch. Foto: Adobe Stock - didesign Foto: privat Grün, agil und hungrig. Proc odile. © 02/2019 · 419529V0
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