Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (624) Moderne zahnfarbene Werkstoffe gliedern sich in die drei Hauptgruppen: \ Polymere \ dentale Glaskeramiken \ Zirkonoxide Zwischen den Werkstoffgruppen, aber auch innerhalb einer Materialgruppe bieten die Materialien dem Praktiker ein breites Indika- tionsspektrum. Die Auswahl für die jeweilige Anwendung ist dabei hauptsächlich von den mechanischen (Festigkeit, Härte, E-Modul) und den optischen (Ästhetik, Transluzenz, Reflektion, Glanz, Farbe, Opazität) Eigen- schaften abhängig. Zusätzlich spielen für den Zahnarzt klinische Aspekte wie Präpara- tionsoptionen (mit den damit verbundenen Wandstärken), Befestigung (Oberflächen- aktivierung, Konditionierung, Art des Befes- tigungsmaterials) und Möglichkeiten zur Reparatur der Restauration eine bedeutende Rolle. Ein wichtiges Kriterium ist auch die Art der Fertigung, ob also konventionelle Verfahren (Gießen, Pressen) oder CAD/CAM- gestützte Methoden (Fräsen, Schleifen, 3-D-Druck) mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen oder auch in Kombination (zum Beispiel Intraoral-Scan und Laborfertigung) zum Einsatz kommen können. Mechanische Eigenschaften Eine der zentralen mechanischen Eigen- schaften ist die Festigkeit, die am einfachs- ten mittels Biegeversuch bestimmt werden kann (Achtung beim Vergleich: 3- und 4-Punkt-Biegeversuch ergeben unterschied- liche Resultate!). Die Biegefestigkeit ist die Spannung, die bei Belastung durch ein Biegemoment auftritt und zum Bruch oder zur plastischen Verformung führt. Die Biege- festigkeit (3-Punkt-Biegung, Abbildung 1) zahnfarbener Werkstoffe liegt mit 100 MPa bei den Thermoplasten und bis über 1.000 MPa bei Zirkonoxid (3Y-TZP) weit auseinan- der [Awada, 2015; Belli et al., 2014]. Inner- halb der einzelnen Materialgruppen variieren die Werte teilweise um mehr als 100 Pro- zent, zum Beispiel zwischen 4Y-TZP und 3Y-TZP [Rosentritt, Kieschnick, Hahnel et al., 2018; Rosentritt, Kieschnick, Stawarczyk, 2018]. Die Festigkeit stellt ein wichtiges Kriterium für die Indikations- und Befestigungsoptio- nen dar. Nur hochfeste Materialien eignen sich für einen mehrgliedrigen und weit- spannigen festsitzenden Zahnersatz und erlauben zudem das Zementieren der Res- taurationen. Für das Zementieren ist eine Festigkeit von mehr als 350 MPa gefordert. Werkstoffe mit niedriger Festigkeit, beispiels- weise Leuzitkeramik, erreichen erst durch eine adhäsive Befestigung ausreichende Stabilität für die klinische Anwendung. Nur dadurch entsteht ein dauerhafter Komplex aus Zahn und Restauration. Besitzen die Materialien eine höhere Festigkeit, können Restaurationen im Allgemeinen auch mit geringeren Schichtstärken gefertigt wer- den. Das bedeutet im Rückschluss, dass die Präparation schonender und defektorientiert (minimal-invasiv, non-prä-Design) vorge- nommen werden kann. In diesen Fällen ist meist eine adhäsive Befestigung indiziert [Rosentritt, 2017]. Der Elastizitätsmodul (Abbildung 2) kenn- zeichnet den proportionalen Zusammen- hang zwischen Spannung und Dehnung der Materialien im linear-elastischen Bereich. Er ist umso höher, je mehr Widerstand ein Kleine Werkstoffkunde für Zahnärzte – Teil 4 Zahnfarbene Werkstoffe im Vergleich Martin Rosentritt, Annett Kieschnick, Bogna Stawarczyk Zum Abschluss unserer Reihe „Kleine Werkstoffkunde für Zahnärzte“ werden die Eigenschaften der Werkstoffgruppen Polymere, dentale Glaskeramiken und Zirkonoxide in einem zusammenfassenden Beitrag einander gegenübergestellt und deren Vor- und Nachteile für die einzelnen Indikationen dargelegt. Glaskeramik, Zirkonoxid und Komposit für die CAD/CAM-Anwendung Foto: Martin Rosentritt 74 Zahnmedizin

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