Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 109, Nr. 6, 16.3.2019, (644) Die Gefahr der Entstehung einer oroantralen Fistel ist der dünnen Knochenschicht (1 bis 2 mm) zwischen Oberkieferseitenzähnen (erster bis dritter Molar) und Kieferhöhle geschuldet. Entsprechend der „Leichtbau- weise“ des Schädels handelt es sich bei den Kieferhöhlen um luftgefüllte Hohlräume, die mit respiratorischem Epithel ausgekleidet sind und deren Selbstreinigung zum mitt- leren Nasengang durch einen gerichteten Zilienschlag erfolgt. Im Rahmen der prothetischen Versorgung müssen zur Aufnahme von Kronen oder Brückenkonstruktionen neben Zahnextrak- tionen auch Zahnpräparationen durchgeführt werden. Die Anfertigung einer temporären Versorgung ist im weiteren Verlauf zwingend notwendig, um die präparierten Zähne vor thermischen, chemischen, mechanischen und mikrobiellen Einflüssen zu schützen. Des Weiteren können funktionelle und ästhetische Aspekte verwirklicht werden. Mithilfe einer im Vorfeld erstellten Über- abformung wird das selbsthärtende Zwei- komponenten-Material in die Mundhöhle eingebracht. Ist nun bei der Zahnextraktion eine oroantrale Fistel entstanden, kann das Provisoriumsmaterial ungehindert und durch den entstehenden Druck bei der Eingliederung der Überabformung in die Kieferhöhle gelangen. Das Material härtet im weiteren Verlauf aus und stellt somit einen soliden Fremdkörper dar, der zu einer dauerhaften Reizung der Kieferhöhlen- schleimhaut und zur Entstehung einer Sinusitis maxillaris führen kann. Anamnese und Befund Eine 57-jährige, allgemeinmedizinisch ge- sunde Patientin mit einer Kontrastmittel- allergie stellte sich zwei Monate nach Ex- traktion des Zahnes 16 alio loco und der Präparation der Brückenpfeiler 15 und 17 mit Symptomen einer akuten Sinusitis ma- xillaris in der Poliklinik der MKG-Chirurgie des Universitätsklinikums Regensburg vor. Sie berichtete, dass bereits eine Woche nach initialem Behandlungsbeginn Beschwerden im Sinne von Schmerzen und Pusaustritt aufgetreten seien, woraufhin sie ihren behandelnden Zahnarzt aufgesucht habe. Dieser habe die Extraktionsalveole gespült und einen Streifen in die Alveole eingelegt. Aufgrund der Beschwerdepersistenz habe die Patientin einen HNO-ärztlichen Kolle- gen aufgesucht, der trotz endoskopischer Untersuchung kein Vorliegen eines Fremd- körpers habe nachweisen können. Infolge eines mikrobiologischen Abstrichs sei hier eine therapeutische Antibiose mittels Cipro- floxacin 500 mg (1–0–1) erfolgt. Erneut vor- stellig bei ihrem behandelnden Zahnarzt habe die Patientin um die Anfertigung eines Röntgenbildes gebeten, was nach ihren Angaben allerdings abgelehnt worden sei. Nach Überweisung zu einem niedergelas- senen MKG-Chirurgen fertigte dieser ein Orthopantomogramm (Abbildung 1) an, auf dem eine deutliche Verschattung im Bereich der rechtsseitigen Kieferhöhle fest- MKG-Chirurgie Ungewöhnlicher Fremdkörper in der Kieferhöhle Sina Heimer, Torsten E. Reichert, Ulrich Wahlmann Eine 57-jährige Frau stellte sich zwei Monate nach der Extraktion des Zahnes 16 alio loco mit Symptomen einer akuten Sinusitis maxillaris vor. Die angrenzenden Brückenpfeilerzähne waren bereits für eine Brückenkonstruktion präpariert und mittels Provisorien versorgt worden. Ein Fallbericht. Alle Fotos: Heimer 94 Zahnmedizin

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