Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 109, Nr. 8, 16.4.2019, (816) TI – Fragen über Fragen und keine Antworten \ Leserbrief zum Statement von Dr. Karl-Georg Pochhammer „Es bleiben leider viele offene Fragen“, S. 28, im Artikel „Telematikinfrastruktur: Wer jetzt nicht bestellt ...“, zm 6/2019, S. 24–28 Muss bzw. darf man sich eigent- lich noch Gedanken machen über das, was uns die Politik zum „Wohle der Menschheit“ ver- ordnet? Wir haben starke Beden- ken, denn wir alle wissen, wie es einem ergeht, der das System durchschaut hat. Fast jeder kennt McMurphy, der über das Kuckucksnest flog ... Mir stellt sich wirklich als erstes die Frage: Warum sind so viele Fragen offen? Hat da einer am Tischtuch gezogen und der an- dere hat sich über den Tisch zie- hen lassen? Bekanntlich funktio- niert so Politik. Man sollte aber wohl davon ausgehen, dass bei einer Ver- tragsschließung – ob es sich allerdings um eine solche bei der Gestaltung der TI wirklich gehandelt hat, muss in Zweifel gestellt bleiben – auch die Ver- tragspartner sich in den Rechts- fragen auskennen und deren Konsequenzen für die jeweilige Seite genauestens einzustufen wissen. Das alles muss sehr in Frage ge- stellt werden, denn es ist auch für den ‚Nicht-Insider’ erkenn- bar, dass die Politik wieder ein- mal die Heilberufler übers Ohr gehauen hat. Oder kann man es vielleicht auch „Erpressung“ nennen? Egal, diejenigen die auf der Erbringerseite sind, sind auch diejenigen, deren Interes- sen und Bedenken vollkommen unter den Tisch gefallen sind. Und dafür gibt es bereits jetzt tausende Beispiele. Wie kann es z. B. sein, dass auch heute noch niemand genau weiss, wie sich die Honorar- kürzung „von einem Prozent“ konkret darstellt? Bleibt es dabei oder ist das ‚steigerungsfähig’? Ist das überhaupt grundgesetz- lich zulässig, eine Kürzung bei denen ohne TI vorzunehmen, die genau wie die anderen, aber nun mit TI, ihre ärztlichen Leistungen erbringen? Warum sind z. B. auch keine Vorkehrun- gen für Alterspraxen getroffen worden? Was ist eigentlich, wenn der Patient verweigert, dass seine Daten ins Internet gestellt werden? Schließlich hat er ja als erster das Recht auf Sicherheit seiner persönlichen und seiner Gesundheitsdaten? Darf er dann nicht mehr behandelt werden? Sind die Versicherten der GKV mal wieder „andere“ als die der PKV, von denen das alles nicht verlangt wird? Und wo steht eigentlich geschrieben, dass die Politik und die freund- lichen Datensammler – Kranken- kassen und Versicherungen kon- kret eingeschlossen – mit diesen unseren hochsensiblen Daten keinen Missbrauch treiben? Man denke nur daran, wie leicht es für diese dann ist, sich aus dem Gesundheits- und Versicherten- Pool zu bedienen, ganz abge- sehen davon, dass es keinen ein- zigen Arzt/Zahnarzt etc. mehr geben wird, der nicht voll- kommen durchleuchtet werden kann. Wer garantiert, dass über die Telematik nicht Hacker in die Praxisverwaltung kommen? Wer haftet dann? Wo steht eigentlich in diesem Gesetz, dass und wie die Vorgaben der DSGVO ein- gehalten werden? Denn diese darf der Leistungserbringer unter keinen Umständen verletzen. Nichts! Nichts, gar nichts, was uns da an Fragen beantwortet wird. Aber wer denkt, dass er lieber dumm bleiben kann, stirbt nicht schmerzloser. Wie gesagt, es gehören immer zwei dazu, wenn man einen Ver- trag abschließt. Alles andere wäre ja „Diktatur“... Nein, das war jetzt falsch: „Spahns Wille“ muss es heißen. Regina Rüger, Betzdorf Foto: AdobeStock - Volker Witt Kofferdam – Sind wir wieder Dentisten? \ Zum Beitrag „Landgericht Aachen: Zahnarzt darf ausnahmsweise auf Kofferdam verzichten“, zm 6/2019, S. 88. Nunmehr werden fachliche Leitsätze nicht mehr von Universitäten oder Fachgesellschaften, sondern offenbar zunehmend durch Gut- achter und Gerichte festgelegt. Durch das Gericht wird quasi festgelegt, dass der Kofferdam zur Regel bei der Entfernung von Amalgamfüllungen wird. Kühlung und effiziente Absaugung sind nicht mehr ausreichend. Auch der gingivale Belag ist durch Gerichte zwischen supra- und sub- gingivale Beläge auf Zahnhartsubstanzen im Zusammenhang mit der falschen GOZ-Beschreibung der PZR verlegt worden. Wie bakterielle Beläge auf der Gingiva nunmehr bezeichnet werden, ist unklar. Gerichte schränken die Abgabe von Arzneimitteln beim Zahnarzt ein, weil nur die Humanmedizin eine ausreichende Ausbildung in der Pharmakologie bereithält. Ist Zahnmedizin keine Humanmedizin mehr? Sind wir wieder Dentisten ? Das Vorgehen bei Zwischenfällen wäh- rend der zahnärztlichen Behandlung ist nicht mehr klar geregelt. Die Entwicklung ist erstaunlich und erschreckend. Fachliche Laien diktieren uns die Zahnmedizin und unsere Standesvertretung schaut zu. Dr. Michael Krause, Dresden 10 Leserforum

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