Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08
zm 109, Nr. 8, 16.4.2019, (850) Herr Dr. Vizethum, das Thema Investoren und Z-MVZ wird innerhalb der standespolitischen Zahnärzteschaft kontrovers diskutiert. Welchen Ansatz verfolgen Sie mit Ihrem Workshop? Dr. Freimut Vizethum: In einer Zeit mit steigendem Veränderungsdruck in vielen Bereichen der Gesellschaft ist der Ansatz ganz einfach: Informationen über die Rea- lität sind die Voraussetzung für gute Ent- scheidungen. Gerade eine kontroverse Dis- kussion – die ich übrigens für völlig „unskan- dalös“ normal und berechtigt halte – sollte auf Basis von Fakten geführt werden, darf sogar auch Spekulation enthalten, soweit dies auch deutlich gemacht wird. Unterschiedliche Bewertungen dieser Fakten sind völlig akzeptabel und spiegeln den Gesichtspunkt der Subjektivität wider. Dabei sind kollektiv-standespolitische oder gesund- heitspolitische Standpunkte verständlich und berechtigt. Doch damit beschäftigt sich der Workshop nicht, da diese Diskussion in der Fachpresse umfangreich geführt wurde und wird und einfach nachzulesen ist. Der Workshop setzt auf Dialog und Diskussion, gerade der individuellen und subjektiven Fragestel- lungen, die viele Kolleginnen und Kollegen interessieren. Es scheint Nachfrage vorhanden zu sein nach Modellen abseits der klassischen Einzelpraxis. Warum ist das so? Das ist aus den Veränderungen unserer ge- sellschaftlichen Rahmenbedingungen jeden Tag für jeden niedergelassenen Kollegen real spürbar. Es betrifft, um nur einige Stich- worte zu nennen, sowohl die Personalsitua- tion, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, steigende Bürokratisierung der Praxisnebentätigkeiten und so weiter und so fort. Die nächsten 10 Jahre werden tausende Zahnarztpraxen verkauft oder ge- schlossen werden. Willige leistungsbereite Nachfolger fehlen oft. Es scheint, dass sich in größeren Praxiseinheiten viele Herausfor- derungen der Zukunft durch Flexibilisierung der Arbeitszeit, Spezialisierung, Professiona- lisierung der Abläufe und Refokussierung auf „echte“ zahnärztliche Tätigkeit leichter so gestalten lassen, um den Erwartungen der jungen Zahnärzte und Zahnärztinnen zu entsprechen. Wer waren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen und worin besteht ihr Interesse? Natürlicherweise ist die Neugierde der Kollegen groß, da sich das Thema einer extremen medialen Aufmerksamkeit erfreut. Daran anschließend stellen sich ganz ein- fache persönliche Fragen: Was bedeutet dieser offensichtlich bedeutende Einfluss (misst man es nach dem Raum, der dieser „Investorenfrage“ in der Fachpresse gegeben wird) des Auftretens von Investoren für das/mein zahnärztliches Arbeitsumfeld? Was könnte sich für meine Praxis, meine Wettbewerbsbedingungen und meine per- sönliche Lebensplanung verändern. Warum ist es heute so schwer, einen Praxisnachfolger zu finden? Dies ist sicher das Ergebnis einer ganzen Rei- he von Einflussfaktoren. Für viele befragte junge Kollegen stellen sich auch heute vor einer Niederlassung eine ganze Reihe von Fragen – nur andere als „früher“. Dabei ist die Übernahme einer bestehenden Praxis mit dem Hineinwachsen in die Selbstständigkeit des niedergelassenen Zahnarztes nur ein, heute auch aufgrund der steigenden Mobilität, seltener realisier- bares „Traumszenario“. Oft wird aufseiten der abgebenden Kollegen viel zu spät an den Exit aus der Selbstständigkeit als gestalterisches Element des zahnärztlichen beruflichen Lebenszyklus gedacht. Ein wei- terer Grund könnte in der schwindenden Bereitschaft zur frühzeitigen Festlegung auf- seiten der Abgeber und der Übernehmer liegen. Wenn der Ort der Niederlassung frei festzulegen ist, dann zeigen sich leider in der Praxisübernahme je nach Region nur geringe Vorteile gegenüber Neugründungen. ? ? ? ? Interview zum Top-Thema Investoren im Dentalmarkt: Schrecken oder Chance? Sind alle Investoren Heuschrecken? Diese Frage stellte der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) auf seinem Workshop „Investoren im Dentalbereich – Schrecken oder Chance?“ Anfang März in Köln. Wir sprachen mit dem Veranstalter, Dr. Freimut Vizethum aus Rauenberg. Der Zahnarzt und Unternehmensberater hält es für „extrem schwierig durch ‚Fressen und Zerstören‘ langfristig Wachstum und Rendite zu erwirtschaften“. Dr. Ing. Freimut Vizethum ist Zahnarzt und war bis 2000 in eigener Praxis privatärztlich tätig.Von 1999 bis 2002 leitete er die Geschäfte der Friadent GmbH in Mannheim. Er hält Vorträge und publiziert im Bereich Implantatprothetik und zur antimikrobiellen photodynamischen Therapie, außerdem ist er Beisitzer im Vorstand des Bundesverbands der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI). Porträt: privat 44 Politik
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