Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

Ihr Workshop heißt „Investoren im Dentalbereich – Schrecken oder Chance?“ Was sind sie denn nun? Etwas Gelassenheit tut auch hier gut. Über- raschenderweise gibt es hier sehr unter- schiedliche Aspekte. In der Industrie sind solche „Heuschreckenperioden“ früher ebenfalls aufgetreten und haben sowohl an der einen Stelle negative Auswüchse ge- zeigt, wie sie an der anderen auch Struktur- veränderungen positiv begleitet haben. Eine einfache Internet-Suchanfrage zeigt, dass das Bild über sogenannte Finanzinvestoren in der Industrie heute differenziert aus- gebildet ist. Dazu hat sicher die Erkenntnis beigetragen, dass Strukturwandel mit Geld leichter ist als ohne. Der „Schrecken“ wird ja vielfach medial in unserer dentalen Fachpresse durchaus bild- lich drastisch inszeniert beschrieben. Wer kennt sie nicht, die Wortbilder in den Überschriften von den „Heuschrecken“ oder „Finanzhaien“, die alles fressen und zerstören. Wie wir alle jedoch wissen, sind Vertrauen und persönlicher Bezug zum Patienten auch heute noch die wohl wichtigsten Assets und Erfolgsfaktoren im Gesundheitsbereich. Somit ist es sicher extrem schwierig durch „Fressen und Zer- stören“ langfristig Wachstum und Rendite zu erwirtschaften, was ja den Investoren im gleichen Atemzug unterstellt wird. So viel Kompetenz und Reflexion sollte man Menschen, die viel Geld zu investieren bereit sind, schon auch unterstellen. Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass unterschiedliche Ansätze bestehen. Manche davon erscheinen spontan Erfolg ver- sprechend, andere werden im Rahmen eines heuristischen Ansatzes von Versuch und Irrtum wohl auch angepasst werden. Offen und gegebenenfalls zu prüfen ist die Frage, welcher Ansatz am besten zu den eigenen Vorstellungen passt. Aus meinen Erfahrungen aus M&A-Aktivitäten [Anm. d. Red.: Merger und Acquisition] in der Indus- trie kann ich jedem Kollegen, der die Aus- wirkungen und eventuellen Chancen für sich und seine Praxis prüfen oder heraus- arbeiten möchte, eine sorgfältige und über- legte Herangehensweise empfehlen. Was ? eine Chance sein kann, ergibt sich aus der subjektiven und persönlichen Zielsetzung und Erwartung: Und da stellt das Auftreten der Investoren eben einen weiteren Aspekt dar, der in die eigene Zukunftsgestaltung und die der Praxis einzubeziehen ist – nicht mehr und nicht weniger. Der Teufel steckt hier nicht in der „großen Vision“, sondern unglücklicherweise in der sorgfältigen Planung und der Umsetzung des „Kleingedruckten“ zusammen mit einem Partner, der zu einem passt. Zu professioneller Unterstützung kann hier nur geraten werden, um jenen zu finden und dann auf „Augenhöhe“ zu gestalten. Werden größere Einheiten wie Z-MVZ die Zukunft der Zahnmedizin bestimmen? Dies ist eine Vision, der ich beim Blick auf unsere heutige freiberufliche Struktur doch mit einer gewissen Skepsis begegnen würde. Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen – frei nach Karl Valentin oder Mark Twain. Jedoch können wir, wie so oft, ja einfach einen Blick in andere europäische Länder wagen, um zu verstehen wie sich Entwicklungen durch- setzen. In England oder Spanien und Finnland sind seit Jahrzehnten sogenannte Dentalketten möglich. Vergleicht man Märkte ähnlicher Größe, so scheint ein möglicher Anteil von 25 Prozent der Zahnärzte, die in einer weiter entfernten Zukunft in solchen Ketten be- schäftigt wären, nicht unwahrscheinlich. Im Umkehrschluss bedeutet dies also keinesfalls das Ende der freien Praxis, geradezu im Gegenteil: 75 Prozent der Zahnärzte er- bringen dann auch weiterhin langfristig ihre Leistung in freiberuflicher oder angestellter Tätigkeit außerhalb von Dentalketten. Von der in Deutschland bestehenden Ausgangs- lage von unter einem Prozent der Zahn- ärzte, die in Dentalketten tätig sind, ist dies offensichtlich noch ein weiter Weg, der wohl nur gegangen wird, wenn er für die Kollegen vorteilhaft zu sein scheint. Das Interview führte Anita Wuttke. ?

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