Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 109, Nr. 8, 16.4.2019, (888) als sogenanntes „Anerkenntnisurteil“ allein auf der Anerkenntnis des beklagten Kiefer- orthopäden aufbaut und keine Begründung aufweist. Kritik des BDK: Das Urteil wurde falsch gedeutet „Die von der Verbraucherzentrale verbreitete Aussage ‚Ratenzahlungsvereinbarungen und Vereinbarungen über einmalige Vorschuss- zahlung vor Beginn der Behandlungen sind unwirksam‘ lässt sich also aus dem Urteil nicht ableiten“, stellt Gierthmühlen klar. Die Vereinbarung von Raten oder Vorschüssen im Rahmen von Individualvereinbarungen sei nach seiner Bewertung nach wie vor zu- lässig. „Dies gilt auch und gerade unter dem Gesichtspunkt des Patienten-Verbraucher- schutzes“, betont Gierthmühlen. „Denn die Frage der Vorschussvereinbarung stellt sich nur bei privatzahnärztlichen Leistungen. Hat der Zahnarzt also Zweifel daran, dass der Patient die gewünschte Behandlung nicht zahlen kann, bliebe ihm, will er nicht das Risiko laufen, seine Behandlung nicht bezahlt zu bekommen, nur die Möglichkeit, die Behandlung abzulehnen, was außerhalb einer Notfallsituation zulässig ist.“ Die Ratschläge der Verbraucherzentrale NRW sind online verfügbar über das Portal „Kostenfalle-Zahn.de“ – ein gemeinsames Portal der Verbraucherzentralen Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin, das über die Themen Zahnersatz, Zahnbehand- lung, KFO-Behandlungen sowie Kosten- übernahmen der Krankenkassen sowohl in- formiert als auch gleichzeitig den Patienten eine Plattform bietet. „Bereits der Name der Website ‚Kostenfalle- Zahn.de‘ erweckt den Eindruck, die Inan- spruchnahme zahnärztlicher Leistungen sei für den Patienten problembehaftet und ohne Expertenwissen nicht möglich. Die Be- zeichnung intendiert, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Patienten nicht nach bestem Wissen beraten und über die entste- henden Kosten je nach Therapiealternative aufklären“, rügte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) bereits wenige Wochen nach dem Start der Webseite im September 2016. Das vertrauensvolle Zahnarzt-Patienten-Ver- hältnis werde durch solch ein Portal infrage gestellt, heißt es in einem offenen Brief an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Patienten würden „regelrecht animiert, sich zu beschweren“, so dass das Portal auf diese Weise „eine gezielte und durch nichts gerechtfertigte Stimmungsmache gegen den gesamten zahnärztlichen Berufsstand“ befördere, so die KZBV. „Kostenfalle-Zahn.de“ – „eindeutig wertend“ Und obwohl „Kostenfalle-Zahn.de“ vom Bundesministerium der Justiz und für Ver- braucherschutz finanziell gefördert wird, kommt die Kritik auch in der Politik an: In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 1. Oktober 2018 über „Wirksamkeit und Transparenz in der Kieferorthopädie“ heißt es: „Es existieren eine Vielzahl von Aufklärungs- und Informationsmaterialien und -medien, [...] sowohl von öffentlichen als auch von privaten Trägern, wie KZ(B)Ven, Krankenkassen, Verbänden, Verbraucherorganisationen und Vereinen. Die Angebote reichen dabei von eindeutig wertenden Angeboten (z. B. Projekt Kosten- falle-Zahn) über die Informationsstelle Kie- ferorthopädie der Initiative Kiefergesund- heit e. V. in Kooperation mit dem Berufs- verband der Deutschen Kieferorthopäden (www. infostelle-kfo) bis zu schlichten Ar- beitshilfen für die Dokumentation des Auf- klärungsgesprächs (www.bdk-online.org ).“ nb OLG Hamm Az.: I-4 U 145/16 Urteil vom 15.11.2018 „Ratenzahlungsvereinbarungen und Ver- einbarungen über einmalige Vorschuss- zahlung vor Beginn der Behandlungen sind unwirksam.“ So fasst die Verbraucher- zentrale ein nicht begründetes Urteil des OLG Hamm zusammen. Erst im Fließ- text wird, etwas verschämt, klargestellt, dass sich das Urteil um „vorformulierte Vereinbarungen“ drehte. Tatsächlich ging es nur um ganz bestimmte Formulierungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Frage, ob dies auch für sogenannte Individual- vereinbarungen gelte, also dann, wenn die Zahlungsmodalitäten zwischen Zahn- arzt und Patient ausgehandelt werden, hat das OLG ausdrücklich und wohl be- wusst offengelassen. Hiergegen hatte sich die Verbraucherzentrale auch nicht gewandt. Nach der Gebührenordnung für Zahn- ärzte wird der Honoraranspruch fällig, wenn eine Rechnung gestellt wird. Dann aber ist der Patient auch, will er nicht in Verzug geraten, verpflichtet, die Rechnung auszugleichen. Eine Abkehr von diesem Modell mag problematisch sein. Stehen die Zahlungsmodalitäten aber zwischen Zahnarzt und Patient zur Disposition, kann auch etwas Abweichen- des vereinbart werden. Die von der Verbraucherzentrale NRW verbreitete Information, jede Verein- barung über Vorschüsse oder Raten sei unzulässig, dient auch nicht dem Schutz der Patienten, da bei Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit ansonsten nur die Ab- lehnung der Behandlung bliebe. Dies ist außerhalb von Notfällen ohne Weiteres zulässig. Zweifel daran, dass das Projekt „Kostenfalle-Zahn“ der Verbraucher- zentrale NRW nicht der Verbraucher- aufklärung dient, sondern eher einen Internetpranger darstellt, hatte die CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag bereits 2016 geäußert. \ Statement des Berufsverbands der Deutschen Kieferorthopäden (BDK) zur Presseinformation der Verbraucher- zentrale NRW „Vorschuss und Raten- vereinbarung beim Kieferorthopäden“ „Verbraucherzentrale NRW lässt es an Transparenz fehlen“ STATEMENT DES BDK 82 Praxis

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