Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 109, Nr. 8, 16.4.2019, (896) Ein zwölfjähriger Junge wurde in unserer Klinik zur Abklärung zweier unklarer, scharf begrenzter Raumforderungen der anterio- ren Mandibula vorgestellt. Diese fielen als Zufallsbefund im Rahmen eines Orthopanto- mogramms auf, das vom zuweisenden Kie- ferorthopäden angefertigt wurde. Aus der Allgemeinanamnese des Patienten ergaben sich keine Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang. Klinischer Befund: In der extraoralen Unter- suchung zeigte sich ein regelhafter Befund. Schwellungen oder Asymmetrien lagen nicht vor. Die Sensibilitätsprüfung des N. mentalis erbrachte eine regelhafte Funktion. Intraoral imponierte eine tastbare, derbe, nicht schmerz- hafte Schwellung, ausgehend von der Man- dibula regio 33–43. Zahn 33 fehlte bei an- sonsten altersentsprechendem Zahnstatus. Die Zähne 32 und 42 waren nach distal gekippt, 34 und 43 nach mesial. Es zeigten sich keine Lockerungen der Zähne und alle reagierten in der Sensibilitätstestung positiv. Radiologischer Befund: Im OPG (Abbildung 1) sowie in der DVT (Abbildungen 2 bis 5) imponieren zwei scharf begrenzte osteo- lytische Befunde im Bereich der anterioren Mandibula regio 34–32 und 41–43. Der retinierte Zahn 33 liegt basal im Lumen der Aufhellung. Therapie: Zur Diagnosesicherung erfolgte eine Probeentnahme aus den zystischen Läsionen. Die pathohistologische Unter- suchung ergab die Diagnose zweier odon- togener Keratozysten (Abbildungen 7 und 8). Mit dem Ziel des Erhalts der Zähne 34–44 erfolgten die Enukleation der Kerato- zysten mit peripherer Ostektomie unter Schonung der Zahnwurzeln und die Defekt- füllung mit autologer Beckenkammspon- giosa und Knochenersatzmaterial (Bio-Oss ® , Geistlich) über einen intraoralen Zugang in Allgemeinanästhesie. Im Rahmen des Eingriffs wurde der retinierte und verlagerte Zahn 33 operativ entfernt. Abbildung 6 zeigt die postoperative Orthopantomo- grafie mit Beckenkammspongiosa in den Defekten. Verlauf: Sechs Monate postoperativ lag klinisch wie radiologisch kein Anhalt für ein Rezidiv vor. Das Verlaufs-OPG zeigt eine sta- diengerechte, zufriedenstellende knöcherne Durchbauung der Defekte. Die verbliebenen Unterkieferfrontzähne konnten bislang er- halten werden und reagierten weiterhin positiv auf die Sensibiliätstestung ohne Lockerungszeichen. Der Verlauf wird im Rahmen eines regelmäßigen Recalls im Intervall von sechs Monaten kontrolliert. Geplant ist hierfür ein Zeitraum von sechs Jahren. Diskussion Odontogene Keratozysten sind mit einer In- zidenz von 4 bis 6 Prozent nach radikulären und follikulären Zysten die häufigsten odon- MKG-Chirurgie Ausgedehnte Keratozysten in der UK-Front eines zwölfjährigen Jungen Valentin Wiedemeyer, Nils Heim, Markus Martini Odontogene Keratozysten der Kiefer werden häufig als Zufallsbefund im Rahmen zahnärztlicher Behandlungen entdeckt. Zur Minimierung des Rezidivrisikos sind eine exakte Diagnostik und Therapieplanung sowie die vollständige Entfernung der Befunde obligat. Im folgenden Beitrag wird der Fall von zwei Keratozysten im anterioren Unterkiefer vorgestellt. Alle Fotos: Wiedemeyer 90 Zahnmedizin

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