Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (16) „Die Europäische Union hat für unseren Berufsstand große Bedeutung. Nur auf den ersten Blick scheint die EU im Praxisalltag weit weg zu sein“, sagte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich bei der Begrü- ßung zum 14. Europatag, zu dem Mandats- träger aus dem europäischen Parlament und dem Deutschen Bundestag sowie rund 80 Gäste geladen waren. „Kann sich ein deut- scher Zahnarzt problemlos in Spanien nieder- lassen?“, „Sind Gebührenordnungen und sonstige freiberufliche Regelungen mit den Vorgaben des Binnenmarkts vereinbar?“ oder „In welchem Rahmen dürfen Medizin- produkte verwendet werden?“ – alles Fra- gen, „die mittlerweile in Brüssel entschieden werden“, hob Oesterreich hervor. Ist das Berufsrecht ein Markthindernis? Er sieht die politische Diskussion über die Zukunft der regulierten Berufe, die auf EU- Ebene vorangetrieben wird, deshalb mit Sorge. In der Argumentation der Kommission trägt der Abbau berufsrechtlicher Vorgaben zur Intensivierung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor und zu mehr Mobilität der Beschäftigten in der EU bei. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kommission diesen Politikansatz in den kommenden Jahren fort- setzt“, prognostizierte Oesterreich. Die von der Kommission initiierte Ausschreibung einer neuen Studie zum Zusammenhang von Berufsrecht und Qualität sowie Klagen der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen nationales Berufsrecht – konkret steht die Honorarordnung der Ar- chitekten und Ingenieure auf dem Prüfstand – deuten für ihn in diese Richtung. Die BZÄK sieht den Ansatz aus Brüssel, Wirt- schaftswachstum durch den Abbau von Berufs- recht zu fördern, sehr kritisch. Knackpunkt derzeit: die im Sommer 2018 verabschiedete EU-Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeits- prüfung vor Erlass neuer Berufsreglemen- tierungen (RL 2018/958 EU), die bis zum 30. Juli 2020 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Um die Auswirkungen dieser Richtlinie ging es in der Diskussion „Berufs- recht als Markthindernis? Welche Zukunft 14. Europatag der Bundeszahnärztekammer Regulierung ist Patientenschutz! Am 26. Mai findet die Europawahl statt – auch aus gesundheitspolitischer Sicht eine Richtungswahl. Werden die deutschen Standards aufgeweicht? Und: Welche Zukunft haben die in Deutschland bewusst regulierten Berufe im europäischen Binnenmarkt? Antworten gab es auf dem 14. Europatag der Bundeszahn- ärztekammer (BZÄK) in Berlin. Podiumsdiskussion beim Europatag der BZÄK Alle Fotos: BZÄK/Axentis-Lopata Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) betonte, es sei nicht notwendig, dass die EU das Berufsrecht der deutschen Zahnärzte im Detail regele. Seine Partei stehe für ein Europa des Fortschritts, nicht der Bürokratie. Berufs- recht sei auch dem Gemeinwohl verpflichtet. Und: „Mich stört der Begriff ‚regulierte Berufe‘ – das Gegenteil ist der Fall.“ Norbert Lins (CDU) erklärte, bei der Umset- zung der neuen Richtlinie müsse man einen „verhältnismäßigen Verhältnismäßigkeitstest“ hinbekommen. Er sehe den Mehrwert von Europa in der grenzübergreifenden Stärkung der Gesundheitsforschung. Aber eine „Europäisierung der Sozialsysteme“ halte er für nicht zielführend. Gaby Bischoff (SPD) unterstrich die Not- wendigkeit, beim Thema Europa einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es liege in der Verantwortung aller Parteien, sich nicht nur gegenseitig zu blockieren. Für den Gesundheitsbereich wünschte sie sich Leuchtturmprojekte statt großer Prozesse, die „dann doch nicht umgesetzt werden“. 16 Politik
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