Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (20) Ergebnisse der sechs Fallstudien von 2017 analysiert. Als Referenzberufe wurden Rechtsanwälte in Polen, Architekten und Ingenieure in Deutschland, Apotheker in Italien, Fremdenführer in Griechenland, Fahrlehrer in Großbritannien und Fahr- dienstanbieter in London und Dublin unter- sucht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Qualität nicht nur schwer zu messen ist, sondern auch multidimensional zu sein scheint. \ Verhaltensökonomische Analyse mit Fokus auf Qualität: Für Anfang 2020 ist mit der – aus Sicht der Gesundheitsberufe vorerst wichtigsten – Studie zu rechnen. Sie trägt den Titel „Beha- vioural economic analysis of professionals‘ incentives in health and business services professions“ (Verhaltensökonomische Ana- lyse der Anreize von Fachkräften in Gesund- heits- und Unternehmensdienstleistungs- berufen). Die Gesundheitsberufe sind direkt angesprochen. Geplant ist, bei den Gesund- heitsberufen auf empirische Weise die Beziehungen zwischen beruflicher Regulie- rung und der daraus resultierenden Dienst- leistungsqualität zu untersuchen. Dabei soll der Kernfrage nachgegangen werden, inwieweit die berufsrechtliche Regulierung einen Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit leistet und ob sie das Vertrauensverhältnis mit dem Patienten fördert. Den Zuschlag für den Gesundheitsteil der Studie erhielten Ende Dezember 2018 die Mailänder Niederlas- sung der Beratungsgesellschaft Ernst & Young sowie eine spanische Beratungsfirma mit Namen „Open Evidence“. \ Interne Dienste der Kommission Parallel zu externen Studien nutzt die Euro- päische Kommission auch eigene Dienste, um Aussagen zu den Auswirkungen des Berufsrechts treffen zu können. Hier ist vor allem die kommissionseigene Publikations- reihe „Economic Papers“ zu nennen, die von Mitarbeitern der Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen (GD ECFIN) ver- fasst wird. 2014 wurde ein Economic Paper zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Liberali- sierung der freiberuflichen Dienstleistungen veröffentlicht. Das Papier analysiert die Wachstumseffekte einer Liberalisierung frei- beruflicher Dienstleistungen. 2015 wurde ein Economic Paper zu den Preisaufschlägen im Dienstleistungssektor publiziert. Es geht unter anderem der Frage nach, wodurch sich die im Vergleich zum Warensektor höheren Preisaufschläge im Dienstleistungs- sektor erklären lassen. Wissenschaftliche Recht- fertigung der EU-Strategie Die Bundeszahnärztekammer hat die Stu- dien analysiert und festgestellt: Alle Studien dienen demselben Ziel, nämlich der Vor- bereitung und wissenschaftlichen Recht- fertigung der verschiedenen Initiativen der Europäischen Kommission zum Berufsrecht. Die Untersuchungen werden in Brüssel im politischen Diskurs strategisch als Mittel ein- gesetzt, um die Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie die EU-Mitgliedstaaten von der Position der Kommission zu über- zeugen. Zu beobachten ist, wie die „Generaldirek- tion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmer- tum und KMU“ Schritt für Schritt die Zusammenhänge von Berufsrecht und Wirt- schaftswachstum beziehungsweise Qualität und Berufsrecht untersuchen lässt. Die Ar- beiten bauen aufeinander auf. Seit 2015 werden dabei Studien vermehrt extern aus- geschrieben, um die Glaubwürdigkeit der Kommissionsposition zu erhöhen. Schwerpunkt der Untersuchungen sind auf den ersten Blick die sogenannten unter- nehmensbezogen Dienstleistungen, das heißt, insbesondere planerische und (rechts-)beratende Tätigkeiten. Bei genauer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass der Gesundheitssektor nie wirklich ausge- nommen war. Wiederholt wurde in diversen Studien das nationale Berufsrecht einzelner Gesundheitsberufe, insbesondere der Apo- theker, untersucht. Und mit der jüngsten, extern in Auftrag ge- gebenen Studie der Kommission zum Zu- sammenhang von Berufsrecht und Qualität rücken die Gesundheitsberufe vollends in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Weiterentwicklung des Binnenmarkts Die Beratungsfirma Copenhagen Economics fordert den europäischen Gesetzgeber vor diesem Hintergrund dazu auf, eine ambitio- niertere Politik der Weiterentwicklung des Dienstleistungssektors im Binnenmarkt zu forcieren. Sie wurde Ende November 2018 mit dem Titel „Making EU trade in services work for all“ (Damit der EU-Dienstleistungs- verkehr für alle funktioniert) veröffentlicht. Die Analyse war zehn Jahre nach Inkraft- treten der EU-Dienstleistungsrichtlinie vom tschechischen, dänischen, finnischen und irischen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben worden. Die Studie wird derzeit im politischen Diskurs in Brüssel intensiv ver- wendet, um für einen weiteren Ausbau des Binnenmarkts zu werben. Die beiden dänischen Autoren, Eva Rytter Sunesen und Martin Hvidt Thelle, kommen darin zu dem Ergebnis, dass das Potenzial des Binnenmarkts für Dienstleistungen in der vergangenen Dekade nicht ausge- schöpft wurde. So hätten sich die Kosten für Waren seit 2006 um 20 Prozent reduziert, während die Kosten für Dienstleistungen im Die Berufsausübung in bestimmten Berufen in Deutschland ist an eine Anerkennung der beruflichen Qualifi- kation gebunden. Diese Berufe werden reglementierte Berufe genannt. Regle- mentiert sind beispielsweise Medizin- berufe, Rechtsberufe, das Lehramt an staatlichen Schulen sowie Berufe im öffentlichen Dienst. Für im Ausland erworbene berufliche Qualifikationen ist eine Anerkennung erforderlich, die durch Gesetze oder Verwaltungs- vorschriften des Bundes oder der Bundesländer geregelt wird. Die meis- ten Berufe in Deutschland sind nicht reglementiert. Quelle: Bundesagentur für Arbeit Reglementierte/ regulierte Berufe 20 Politik

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