Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (24) nennt persönliche beziehungsweise fami- liäre Motive, ein weiteres knappes Viertel die Arbeitsbedingungen in der Branche oder den schlechten Zustand der Zahnmedizin im Vereinigten Königreich. Vier von zehn Befragten gehen davon aus, dass sich der Brexit negativ auf ihren Arbeits- platz auswirkt, etwas mehr als die Hälfte rechnet mit schädlichen Konsequenzen für die Zahnmedizin und sechs von zehn für das Gesundheitswesen im Allgemeinen. Fast ein Viertel ist sich sicher, dass auch das Personal kündigt und geht. Drei Viertel befürchten deshalb, dass der Brexit die bereits beste- henden Probleme bei der Rekrutierung von Zahnärzten verschärft, und acht von zehn sind der Ansicht, dass die Suche nach medizinischem Personal aufgrund nationaler Engpässe ebenfalls schwieriger wird. Ein daraus resultierender Mangel an NHS-Zahn- ärzten, heißt es, werde auch dazu führen, dass immer mehr Patienten Probleme haben, einen Zugang zu Zahnbehandlungen im NHS zu bekommen und lange Wartelisten für Termine in Kauf nehmen müssen. Der Stress steigt, die Löhne sinken In den Interviews erzählen einige Zahnärzte überdies, warum sie der Job mehr und mehr stresst, insbesondere die Arbeit im NHS: Weil ihre Chefs von ihnen sehr oft verlan- gen, über Gebühr Patienten an einem Tag einzubestellen. Oder weil sie Angst davor haben, dass Patientenbeschwerden zu GDC- Klagen oder Rechtsstreitigkeiten führen könnten. Ihr Fazit: Weg hier – woanders lebt es sich (vielleicht) besser! Der Einbruch des Pfunds ist ein weiterer Faktor, warum der Zahnarztberuf in Groß- britannien vielen Befragten nicht mehr so attraktiv erscheint wie früher: Die Löhne bewegen sich zunehmend auf dem Level der anderen europäischen Länder und der damit stärker durchschlagende Anstieg bei den Material- und Produktkosten lässt man- chen Inhaber befürchten, seine Praxis nicht mehr lange weiter betreiben zu können. Ob sie gehen oder bleiben, hängt für die Zahnärze aber hauptsächlich davon ab, ob sie im Arbeits- und Privatleben weiterhin die gleichen Rechte haben wie bisher und ob ihre Qualifikationen nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU anerkannt wer- den. Fest steht: Zusicherungen der Regie- rung bezüglich Staatsbürgerschaft und der Rechte auf Leben und Arbeit würde etliche Zahnärzte davon abhalten, das Vereinigte Königreich zu verlassen. Die Umfrage offenbart aber auch, dass sich viele Zahnärzte aufgrund des Referendums im Vereinigten Königreich nicht mehr so willkommen, ja, von der Regierung und der Öffentlichkeit regelrecht verraten fühlen. Denn nach eigener Aussage hat es sie einst auf die Insel gezogen, um den Zahnärzte- mangel zu beheben, eine Dienstleistung für die britischen Bürger zu erbringen, Steuern zu zahlen und etwas zur britischen Wirt- schaft beizutragen. Klar ist: Junge Zahnärzte, die erst nach dem Referendum ins Vereinigte Königreich ge- kommen sind und sich noch (relativ) am An- fang ihrer Karriere befinden, sind schneller weg. Interessanterweise kommt es jedoch für Befragte, die im United Kingdom drei bis 20 Jahre gelebt und gearbeitet haben, eher infrage, in den nächsten Jahren zu gehen (ungefähr ein Drittel), als für diejenigen, die seit zwei Jahren und weniger (27 Prozent) oder aber seit mehr als 21 Jahren (18 Pro- zent) im Land leben. Für manche Zahnärzte, die sich am Ende ihrer Karriere befinden, ist es dagegen schwer vorstellbar, woanders hinzugehen, weil sie beruflich und privat so eng mit der Insel verbunden sind: Wer kurz vor dem Ruhestand steht, tut sich schwer, sich neu etwas aufzubauen. Die Staatsbürgerschaft wäre eine Lösung Nur wenige Zahnärzte glauben übrigens, dass die britische Zahnärztekammer ihnen mehr Sicherheit und Unterstützung geben könnte. Im Gegenteil: Viele ausländische Zahnärzte sehen inzwischen davon ab, ins Vereinigte Königreich zu ziehen: Sie lesen schließlich fast täglich in den Medien, was sie dort (voraussichtlich) erwartet. ck Gefragt, welches Land sie nach der Aus- reise aus Großbritainnien favorisieren, nannten die EU-Zahnärzte Spanien (13 Prozent), Polen (10 Prozent), Griechen- land (9 Prozent), Schweden (8 Prozent) und Portugal (7 Prozent). \ hola España! Goodbye Great Britain, Es sei denn, sie erhalten die britische Staatsbürgerschaft: Eine solche Zusicherung der Regierung würde etliche Zahnärzte davon abhalten, Großbritannien zu verlassen. Foto: AdobeStock/lenscap50 24 Politik
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