Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (44) Für den „White hat“-Hacker stellt sich nach einem echten Hackerangriff immer die Frage: Kann ich als Praxisinhaber dem Patienten- daten-Satz noch trauen? Doch wie prüft man die Zuverlässigkeit der wiederhergestellten Datensätze, welche Tools gibt es für normale Anwender – oder ist das gar nicht leistbar? Dazu der Fachmann: „Ist erst einmal die In- tegrität gebrochen, wurden also möglicher- weise Datensätze verändert, kann man nur versuchen, diese aus einer Datensicherung wiederherzustellen. Doch auch hier kann in der Regel nicht mit 100-prozentiger Sicher- heit gesagt werden, ob die Datensicherung nicht auch bereits verändert wurde.“ Darum gelte: Datensicherungen immer für eine ge- wisse Zeit vorhalten (zum Beispiel wöchent- lich, monatlich, pro Quartal) und regelmäßig (zum Beispiel jährlich) Archive anfertigen, die nicht überschrieben werden! Regelmäßige Datensicherungen kann man auch durch einen Dienstleister vornehmen oder zumindest vorbereiten lassen. Nur: Was macht einen guten Dienstleister aus? Wiesner: „Er bietet einen detaillierten Vertrag, mit genauen Beschreibungen der Leistungen, vor allem der regelmäßig wiederkehrenden wie Sicherheitsüberprüfungen und die Art der Abläufe. Nicht zuletzt, um im Fall der Fälle die Schuldfrage zu klären.“ Dann sei immer eine Mischung aus techni- schen und organisatorischen Maßnahmen wichtig. Untätigkeit könne einen nämlich teuer zu stehen kommen: „Die Frist, einen Datenschutzvorfall an die Aufsichtsbehörde zu melden, läuft nach 72 Stunden ab“, warnt der Experte. Eine Cyberpolice sei als Ergänzung zur IT-seitigen Dienstleistung sinn- voll. Doch: „Bußgelder wie bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung sind nicht versicherbar!“ Die meisten Ärzte wähnen sich gut geschützt Der GDV hatte vom 11. Juni bis 6. Juli 2018 eine repräsentative Forsa- Befragung der für die Internetsicherheit zuständigen Mitarbei- ter von 200 Arztpraxen und 100 Apotheken beauftragt. Für eine knappe Mehrheit der Befragten überwiegen demnach die Vorteile bei der Digitalisierung: Die Abrechnung mit Krankenkassen werde bequemer und schneller, der fachliche Austausch mit anderen Ärzten und mit Patienten einfacher, der Verwaltungsaufwand geringer. Doch die Befragten sehen auch die Nachteile: Sie fürchten unter anderem hohe Kosten, Pro- bleme bei der Übertragung bisher analoger Daten in digitale Formate und Datenschutz- probleme. Einig ist man sich aber vor allem darin, dass die Bedrohung durch Cyber- kriminelle im Zuge der Digitalisierung steigt. Die Gefahr ist also erkannt – aber gebannt ist sie allein dadurch noch lange nicht. Denn die Umfrage und Sicherheits-Tests des GDV zeigen auch, dass das individuelle Risiko von vielen unter Ärzten und Apothekern unter- und die Qualität der IT-Sicherheit systematisch überschätzt wird. Ausgewählte Ergebnisse: 78 Prozent der Arztpraxen und 97 Prozent der Apotheken wären ohne funktionierende IT-Systeme deutlich eingeschränkt. 80 Pro- zent meinen, sie wären ausreichend gegen Cyberkriminalität geschützt. Ein Drittel der Ärzte und Apotheker plant keine weiteren Investitionen in die IT-Sicherheit. In rund 90 Prozent der getesteten Arztpraxen nutzen mehrere Benutzer dieselbe Zugangskennung mit sehr einfachen oder gar keinen Passwör- tern. So gut wie keine Praxis oder Apotheke ist bei der Mail-Verschlüsselung auf dem neuesten Stand der Technik. mth Stellen Sie sich vor, Sie wollen an einem gewöhnlichen Wochentag morgens ihren Praxiscomputer hochfahren. Doch alle Sys- teme sind gesperrt, alle Dateien verschlüsselt. Das Einzige, was Sie sehen, ist eine Nachricht von Erpressern. „Ups, Ihre wichtigen Dateien wurden verschlüsselt. Wenn Sie diesen Text sehen, sind die Dateien nicht länger erreich- bar.“ Zahnarzt Dr. Michael Kann hat diesen Horror-Morgen erlebt – und wünscht diese Erfahrung niemandem (zm 4/2018). Zahnarztpraxen sind für Cyberkriminelle ein lukratives Angriffsziel, glaubt Richard Renner, ein, Geschäftsführer der Berliner Perseus Technologies GmbH. „Hohe Umsätze, zahl- reiche Patientendaten und ein einfacher Zugang in die Telematik-Infrastruktur. Ein erfolgreicher Hackerangriff auf eine Zahn- arztpraxis ist ein Sechser im Lotto, nur mit größerer Erfolgswahrscheinlichkeit“, so der Fachmann. Neben Erpressungen mit Ransom- ware, also Erpresser-Software, kommen auch Datendiebstähle oft vor. Renner: „Kopierte Patientendaten sind eine beliebte Hehler- ware für den Weiterverkauf im Darknet. Mit Versicherungs- und Adressdaten lassen sich Identitäten stehlen.“ Ausgespähte Termine könnten organisierten Verbrecherbanden außerdem dazu dienen, geplante Hausein- brüche auf die Zahnarztbesuche der Besitzer abzustimmen. Die fortschreitende Digitali- sierung führe zu einer immer weiteren Ver- schmelzung von privater und beruflicher Kommunikation, bilanziert Renner. Im Rah- men einer geregelten Work-Life-Balance sei die private Internetnutzung am Arbeitsplatz keine Ausnahme mehr, sondern eher die Regel. Dabei könnten leicht E-Mails mit schadhaften Anhängen oder eben Ransom- ware geöffnet werden. Für den Hacker ist das ein Sechser im Lotto Wie muss also die „IT-Prophylaxe“ aussehen, um die Wahrscheinlichkeit eines Hackerangriffs wenn nicht auszuschließen, wenigstens zu minimieren? Renner gibt fünf Tipps: 1. Halten Sie die Cyberhygiene ein: Installieren Sie Passwort-Updates und setzen Cybercrime in der Zahnarztpraxis Die richtige IT-„Prophylaxe“ Gelingt der Datenklau, hat eine Zahnarztpraxis im schlimmsten Fall einen fünf- stelligen Schaden, Bußgelder nicht eingerechnet. Wie also sollte eine sichere Praxis-IT aussehen? 44 Praxis
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