Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09
zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (54) Diese Mail habe ich von einem Zahnarzt erhalten, des- sen Praxis wir schon viele Jahre betreuen. Bisher gab es dort im Personalbereich keinen Handlungsbedarf. Deshalb überraschte mich seine Nachricht sehr, dass sich die Personal- lage recht schnell so drastisch geändert hat, da die Praxis organisatorisch wie betriebs- wirtschaftlich sehr gut aufgestellt ist. 30 Minuten Zeit pro Woche für alle Mitarbeiterinnen ... Neben den Patienten sind die Mitarbeiter das wertvollste Gut einer Praxis, denn ohne ein Team kann sie nicht bestehen. Ein Zahnarzt arbeitet gemäß KZBV-Statistik im Bundesdurchschnitt 46,7 Stunden in der Woche, davon circa 34,4 am Patienten und circa 7,9 in der Verwaltung. Von den restlichen 4,4 Stunden bleiben durchschnittlich gerade mal 30 Minuten für die Mitarbeiterführung und – richtig gelesen – Mitarbeiterpflege übrig. Wohlgemerkt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen. Diese Zeit ist viel zu gering, um jedem das Gefühl zu geben, angehört und verstanden zu werden. Hier gilt es, sich selbst zu hinterfragen, wie viel Zeit man in die Motivation der Mitarbei- ter investiert, um das Wort „Wertschätzung“ mit Leben zu füllen und so einer Demotivation und geistigen Abwesenheit vom Arbeitsplatz entgegen- zuwirken. Wer in die Mitarbeiterbindung investieren will, der kann an vier Punkten ansetzen: \ Einfühlungsvermögen: Einfühlungsver- mögen zu zeigen ist gar nicht so schwer. Wichtig ist, den Mitarbeitern aktiv zuzuhören, um Bedürfnisse und Wünsche verstehen und nachvollziehen zu können. \ Transparenz: Ohne ein verständlich for- muliertes Ziel oder eine nachvollziehbare konkrete Erwartung kann man nicht davon ausgehen oder gar voraussetzen, dass der Mitarbeiter die (häufig subjektiven) Erwar- tungen kennt, versteht und diesen auch folgt. Es ist in der Tat entscheidend, dass man den Mitarbeitern regelmäßig sagt, was von ihnen verlangt und erwartet wird. Ganz nebenbei ergeben sich so immer wieder Gelegenhei- ten zu loben oder zum Feedback durch die Mitarbeiter. \ Wertschätzung: Ich muss meinen Mit- arbeitern zeigen, dass ich sie wahrnehme und dass es mir wichtig ist, was sie berührt und beschäftigt. \ Gesundheitsförderung: Klingt lapidar, ist aber eine sehr wirksame (und nicht einmal teure) Maßnahme, einerseits Wertschätzung zu zeigen und andererseits die Gesundheit der Mitarbeiter – ein kostbares Gut! – zu fördern. Solche Maßnahmen erfordern weder einen hohen organisatorischen Aufwand noch sind sie sehr teuer. Dazu zählen beispielsweise ein täglich frischer Obstteller oder auch die Gesundheitsförderung in Form von finan- zieller Unterstützung bei Sportangeboten. Letztlich zahlen alle diese Maßnahmen auf ein gutes und wertschätzendes Arbeitsklima ein. Sie verhindern nicht die Kündigung von Mitarbeitern, aber sie machen diese weniger wahrscheinlich. Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Aktuell gestaltet sich die Personalsuche für viele Praxen schwierig, insbesondere wenn es um den Nachwuchs geht – ob- wohl die Ausbildung zur ZFA mit Platz drei unter den Ausbildungsberufen alles andere als unbeliebt ist. Dabei überwiegen bei Wei- tem die Frauen, zwei Prozent der Bewerber sind männlich. Was zum einen daran liegt, dass in den gängigen Anzeigen und dem Berufsbild nahezu nur Frauen angesprochen werden. Zum anderen verfügen die wenigs- ten Praxen über eine gezielte Darstellung als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb. Kein Wunder, dass nur die wenigsten Schülerinnen und Schüler wissen, welches Potenzial die Branche für ZFAs bereithält. Die Kampagnen der Zahnärztekammern sind richtig und wichtig. Sie ersetzen jedoch nicht die Not- wendigkeit für die einzelne Praxis, vor Ort als Arbeitgeber sichtbar werden. Stetig wird davon geredet, dass der Kampf um die Azubis in vollem Gange ist. Trotzdem reagieren nur wenige Praxen, indem sie aktiv auf potenzielle Interessenten zugehen, die Schwelle senken und die Attraktivität ihres Angebots hervorheben. Leider hat man nur in wenigen Praxen verstanden, dass ein Ausbildungsangebot heutzutage nicht nur eine Holschuld für die Interessenten ist und deshalb die Schwelle für potenzielle Bewerber gesenkt werden muss. Dazu gehört, aktiv zu zeigen, wie ZFA bei Ihnen gelebt wird, welche Vorteile der Beruf hat und dass die immer wieder kolportierte schlechte Vergütung in Ihrer Praxis eben nicht gegeben ist. Also, was kann man machen? Die zm Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen: Kampf um den Nachwuchs Ohne Team keine Praxis 54 Praxis
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