Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (59) Fistelungen auftreten. Die angrenzenden Zähne sind meist vital, hier zeigen sich eher Zahnverlagerungen als Zahnresorptionen [Yang et al., 2011]. Radiologisch imponiert die Keratozyste durch scharf begrenzte Osteolysen und eine uni- oder multilokuläre Radiotransluzenz. Dabei verläuft das Wachstum häufig in antero-posteriorer Richtung innerhalb des spongiösen Raums [Yang et al., 2011; Belmehdi et al., 2016], was die Abgrenzung gegenüber follikulären und radikulären Zys- ten vereinfacht. Differenzialdiagnostisch abgegrenzt wer- den muss die odontogene Keratozyste ins- besondere vom Ameloblastom. Hierbei han- delt es sich um einen langsam wachsenden, lokal invasiven, benignen, epithelialen odontogenen Tumor mit einem radiologisch ebenfalls uni- oder multilokulären Erschei- nungsbild [Ruslin et al., 2018]. Als weitere Differenzialdiagnosen gelten die follikuläre Zyste, die traumatische Knochenzyste, das zentrale Riesenzellgranulom sowie das ameloblastische Fibrom [Giuliani et al., 2006]. In 25 bis 40 Prozent der Fälle kommt es zu einer Einbeziehung nicht-durch- gebrochener Zähne, bei der es sich jedoch am ehesten um ein lagebedingtes Phänomen mit enger Nachbarschaftsbeziehung des Zahns zu den Zysten-initiierenden Epithel- zellresten mit anschließender Ummantelung des Zahns handelt [Neville et al., 2015]. Hinsichtlich des zu favorisierenden Therapie- konzepts herrscht Uneinigkeit. Regelmäßig beinhaltet das Vorgehen die Enukleation/ Zystektomie mit Kürettage, wohingegen alternative Therapieformen – wie die Zystos- tomie – unter Berücksichtigung spezifischer Limitationen als ebenso Erfolg versprechend gelten [Marx und Stern, 2012]. Häufig in Verbindung mit der Enukleation/Zystekto- mie beschrieben und angewendet wird die periphere Osteotomie mit maschinellem Anfrischen der angrenzenden Knochen- strukturen unter zusätzlichem Einsatz der modifizierten Carnoy’schen Lösung (ein Gramm Eisenchlorid, sechs Milliliter Ethanol, ein Milliliter Eisessig) zur restlosen Entfernung sämtlicher Tumorausläufer im Sinne eines mechano-chemischen Vorgehens [Voorsmit et al., 1981; Alchalabi et al., 2017]. Hierbei sollte die kritische Einwirkzeit der Lösung von drei bis fünf Minuten aus Gründen der Nerv- und Gefäßtoxizität beachtet sowie der direkte neuronale Kontakt der Lösung vermieden werden [Frerich et al. 1994; Alchalabi et al., 2017]. Entsprechend der aktuellen Literatur liegt das Gesamt-Lokalrezidivrisiko in Abhängig- keit von der Behandlungsmethode bei 5 bis 65 Prozent mit einem gehäuften Auftreten innerhalb der ersten drei postoperativen Jahre [Apajalahti et al., 2011]. Hierzu zeig- ten Studien die höchsten Lokalrezidivraten nach einfacher Enukleation (28,7 Prozent), gefolgt von der Enukleation plus Car- noy’sche Lösung (1,6 Prozent) und der Enu- kleation mit peripherer Osteotomie plus Carnoy’sche Lösung (null Prozent) [Blanas et al., 2000; Alchalabi et al., 2017]. Da eine postoperative Lokalrezidiventstehung nach zehn Jahren äußerst selten, jedoch gehäuft während der ersten fünf Jahre beobachtet wird, sollte eine jährliche klinische und radiologische (OPG) Verlaufskontrolle durch- geführt werden. Dr. Dr. Daniel G. E. Thiem Weiterbildungsassistent Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2 55131 Mainz Prof. Dr. Beate K. Straub Erste Oberärztin Institut für Pathologie Langenbeckstr. 1 55131 Mainz Dr. Dr. Maximilian Krüger Oberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2 55131 Mainz PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/ DGZMK. Keratozyste im Oberkiefer CME AUF ZM - ONLINE \ Odontogene Keratozysten entstehen vornehmlich in den Bereichen Angulus und Ramus mandibulae. Maxilläre Mani- festationen sind deutlich seltener. \ Keratozysten sind meist klinisch un- auffällig und werden häufig im Rahmen zahnärztlicher Routineuntersuchungen diagnostiziert. Symptome entstehen meist erst bei deutlicher Größenzunahme im Zusammenhang mit sekundär-bakteriellen Infektionen des Zysteninhalts. \ Bei multiplem Auftreten oder einer Manifestation innerhalb der ersten bei- den Lebensdekaden wird der genetische Ausschluss des autosomal-dominant ver- erbten Gorlin-Goltz-Syndroms (Multiples Auftreten von Basalzellkarzinomen, Kerato- zysten und Rippenanomalien) empfohlen. \ Differenzialdiagnostische Abgrenzung vom Ameloblastom sowie zu radikulären und follikulären Zysten \ Es besteht immer die Empfehlung zum chirurgischen Vorgehen mit Enukleation, Osteotomie der Zysten-begrenzenden Knochenareale sowie nach Möglichkeit An- wendung der modifizierten Carnoy’schen Lösung. \ Jährlich klinische und radiologische Nachsorge über mindestens fünf Jahre Fazit für die Praxis Fotos: privat 59

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