Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 109, Nr. 9, 1.5.2019, (78) Herr Wahle, Sie beraten Zahnärzte in Finanzfragen. Wie gehen Zahnärzte das Thema betriebliche Altersvorsorge an? Markus Wahle: Aus meiner Sicht gehört die- ses Thema zum Anspruchsvollsten, was ein Praxisinhaber im Hinblick auf seine soziale und finanzielle Mitarbeiterverantwortung zu beachten hat. Es gibt fünf Durchführungs- wege [siehe Kasten] der betrieblichen Alters- vorsorge und seit dem 1. Januar 2018 noch das Betriebsrentenstärkungsgesetz. Dies ver- bessert nochmals die Altersversorgung und in diversen Punkten auch die Leistungsfähig- keit. Die Fallstricke sind jedoch enorm, und die Liste an schlechten oder falschen Ent- scheidungen zur bAV füllen ganze Ordner. Haben Angestellte einen Anspruch auf eine bAV? Und was hat der Praxisinhaber davon? Mit einer bAV sorgen Sie als Praxisinhaber und Arbeitgeber für eine Zusatzrente Ihrer Angestellten – ein gutes Argument im Hin- blick auf die Mitarbeiterbindung! Und grund- sätzlich: Sie als Arbeitgeber kommen gar nicht drumherum, ein diesbezügliches Angebot vor- zuhalten. Seit Anfang des Jahres müssen Sie bei Neuverträgen Beiträge des Arbeitnehmers mit 15 Prozent bezuschussen. Für laufende Verträge gilt dieser Zuschuss ab 2022. Seit 2002 haben Arbeitnehmer einen An- spruch auf die sogenannte Entgeltumwand- lung. Wenn man bedenkt, dass Frauen immer mehr von Altersarmut betroffen sind, sollte man seine Mitarbeiterinnen unbedingt motivieren, hier mitzumachen. Im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes gibt es hier eine besondere Förderung bei kleineren Gehältern oder bei Teilzeitarbeit. Ich sehe darin eine klare Verantwortung des Arbeitgebers. Welchen Durchführungsweg der Mitarbeiter letztendlich nutzen kann, entscheidet der Arbeitgeber. Als Praxisinhaber kann ich ja auch zu den verpflichtenden Beiträgen freiwillig etwas für meine Mitarbeiter zuzahlen – muss das für alle dieselbe Summe sein? Bei dieser Frage gibt es zwei Seiten zu be- achten: eine arbeitsrechtliche und eine psy- chologische. Man kann seine „Zuschüsse“ ? ? ? Interview mit Finanzcoach Markus Wahle zur betrieblichen Altersvorsorge Finanzielles Zuckerbrot ohne Steuerpeitsche „Betriebliche Altersvorsorge“ (bAV) ist eine gute Möglichkeit, Mitarbeiter für seine Praxis zu gewinnen oder zu halten – und dabei Sozialabgaben und Steuern zu sparen. Finanzcoach Markus Wahle bestätigt: „Der Aufwand lohnt sich sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.“ Wenn sich beide vor Fall- stricken in Acht nehmen! Markus Wahle ist Honorar-Finanzanlagen- berater, Finanzcoach und Nachlassplaner. Er hat einen Master of Arts (MA) in Inter- national Business und ist Diplom-Ökonom Vermögensnachfolge (EU-SV). Sein Wissen teilt er wöchentlich auf iTunes im Podcast „Money Talk“. Porträt: privat Die fünf Durchführungswege der betrieb- liche Altersvorsorge (bAV): \ Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber eine kapitalbildende Versicherung für den Mitarbeiter ab. Dies kann eine fonds- gebundene oder eine klassische Lebens- oder Rentenversicherung sein. \ Pensionskassen sind Versorgungsein- richtungen, die einer Lebensversicherungs- gesellschaft ähneln und von einem oder mehreren Unternehmen getragen werden. Die marktüblichen Tarife entsprechen weit- gehend denen von Direktversicherungen. Es gibt sie auch als Fondspolice. 2005 wurde die Direktversicherung der Pensionskasse steuer- lich nahezu gleichgestellt. Daher gibt es heute fast keine Unterschiede mehr zwischen Pen- sionskassen und Direktversicherungen. \ Pensionsfonds sind ebenfalls rechtlich selbstständige Einrichtungen. Sie legen Ihre Beiträge in größerem Umfang am Aktien- markt an. Das verspricht höhere Rendite, be- inhaltet aber auch ein aktientypisches Risiko. Pensionsfonds können eine andere Art der Verrentung anbieten als Direktversicherun- gen oder Pensionskassen. \ Auch Unterstützungskassen sind recht- lich selbstständige Versorgungseinrichtun- gen, die die bAV für ein oder mehrere Unter- nehmen organisieren. Sie unterliegen nicht der Versicherungsaufsicht. Bei der Anlage des Vermögens ist die Unterstützungskasse frei und kann einen Teil in den beteiligten Betrieben belassen. Oftmals erfolgt eine Rückdeckung über ein Lebensversicherungs- unternehmen. \ Bei der Direkt- beziehungsweise Pensions- oder Versorgungszusage zahlen Sie Ihren Mitarbeitern imAlter die Betriebsrente direkt. Dafür müssen Sie Rückstellungen bilden. Dieses Angebot ist für kleine Firmen ver- gleichsweise aufwendig. Seit 2018 gilt der Förderbetrag für Arbeit- nehmer mit einem Einkommen von maximal 2.200 Euro brutto. Arbeitgeber werden staatlich gefördert, wenn sie einen Zuschuss von mindestens 240 bis höchstens 480 Euro im Jahr für die bAV zahlen. Dabei können sie 30 Prozent des Beitrags mit der abzufüh- renden Lohnsteuer verrechnen. Die Ersparnis liegt zwischen 72 und 144 Euro pro Jahr. Quelle: Bund der Versicherten Betriebliche Altersvorsorge 78 Gesellschaft

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