Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 109, Nr. 10, 16.5.2019, (1120) 2016]. Die Ausbildung einer pathogenen Mikroflora scheint bei Anwendung von ZOE weitgehend vermieden zu werden. Materialwahl für die definitive Befestigung In der Zahnmedizin werden Befestigungsze- mente in temporäre und definitive Zemente unterteilt. ZOE ist als temporärer Befesti- gungszement ausgewiesen, womit seine Anwendung als definitives Befestigungsma- terial nicht in Übereinstimmung mit der Pro- duktbeschreibung steht. Ausschlaggebend für die Zuordnung eines Materials zu diesen Indikationsklassen sind insbesondere die re- tentiven Eigenschaften des Materials. Tem- poräre Zemente weisen ungünstigere re- tentive Eigenschaften auf und stehen im Verdacht, zu vermehrten Lockerungen der Suprakonstruktionen auf Implantaten zu füh- ren. Diese Einschätzung geschieht zumeist auf der Basis von In-vitro-Untersuchungen. Da bei diesen Untersuchungen in der Regel uniaxiale Abzugskräfte angewandt werden, sind sie nicht in der Lage, die reale Situation des Zahnersatzes wiederzugeben, so dass die klinische Relevanz der In-vitro-Resultate kritisch hinterfragt werden muss [Covey et al., 2000; Kent et al., 1997]. Zum Vergleich wird die verschraubte Konstruktion als Goldstandard zur Einschätzung der Kon- struktionsstabilität eingesetzt. In der klini- schen Anwendung scheint die Zementie- rung mit ZOE-Zement im Vergleich zu Ver- schraubungen aber nicht zu vermehrten Konstruktionslockerungen zu führen [Korsch et al., 2015c; Nissan et al., 2011]. Darüber hinaus können individualisierte CAD/CAM-Abutments im Vergleich zu prä- fabrizierten die Retention erhöhen und das Risiko der Konstruktionslockerung zusätzlich durch ein verbessertes Abutmentdesign minimieren [Korsch et al., 2015d]. Bei der Zementierung von Zahnersatz auf natürli- chen Zähnen ist es nicht nur notwendig, einen sicheren Halt der Restauration zu pro- duzieren, sondern auch der Kronenrandka- ries entgegenzuwirken, was bei Implantat- gestütztem Zahnersatz nicht erforderlich ist. Die Differenzierung zwischen permanenten und temporären Zementen, wie sie bei na- türlichen Zähnen vorgenommen wird, ist deshalb bei implantatgetragenem Zahner- satz in diesem Sinne nicht relevant. Zusammenfassung Unsere Untersuchungen legen nahe, dass Methacrylat-Zement (MA) Entzündungen der periimplantären Gewebe auslösen kann. Als Wirkmechanismus kann die Anfälligkeit des MA-Zements für die Ausbildung patho- gener Biofilme, die dann periimplantäre Entzündungen hervorrufen, vermutet wer- den. Dieser Zement scheint sowohl in An- als auch in Abwesenheit von Zementüber- schüssen den periimplantären Biofilm zu be- einflussen und periimplantäre Entzündun- gen hervorzurufen. In beiden Fällen kann im Anschluss an die Entzündung periimplantärer Knochenverlust eintreten. Im Vergleich dazu führte die Verwendung von Zinkoxid-Eugenol Zement (ZOE) hinge- gen nicht zu Zement-induzierten Entzün- dungen. Die Fixierung von Implantat-getra- genem Zahnersatz mit diesem Zement scheint durch seine „Löslichkeit“ auch nicht mit dauerhaft vorhandenen Zementüber- schüssen verbunden zu sein. Deswegen sollte diesem Befestigungsmaterial der Vorzug ge- genüber Methacrylat-basierten Materialien gegeben werden. Knochenverlust in mm Mittelwert 0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 ZOE ohne Überschuss ZOE mit Überschuss MA+ MA- Abbildung 4: Mittlerer periimplantärer Knochenverlust bei ZOE, MA-, und MA+ nach einer mittleren Verweilzeit von 3,8 beziehungsweise 4,1 Jahren. In unseren Untersuchungen konnten wir bei Verwendung eines temporären ZOE-Ze- ments keine vermehrten Konstruktions- lockerungen feststellen. Die Verwendung von ZOE für die permanente Zementierung von festsitzendem Zahnersatz auf Implanta- ten sollte daher eine klinisch verantwortbare Alternative darstellen, wenn ausreichende Haftkraft zwischen Konstruktion und Abut- ment besteht. PD Dr. Michael Korsch, M.A. Akademie für Zahnärztli- che Fortbildung Karlsruhe Lorenzstr. 7, 76135 Karlsruhe Tel.: +49 (0)721–9181–200 E-Mail: michael_korsch@za-karlsruhe.de sowie Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie, Berliner Str. 41, 69120 Heidelberg Tel.: +49(0)6221–9069988 E-Mail: info@drkorsch-heidelberg.de Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 58 Zahnmedizin

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