Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 109, Nr. 11, 1.6.2019, (1233) Im Zusammenhang mit dem geltenden Mindestlohngesetz führt diese Gesetzes- änderung zu einer echten Falle, wie das nachfolgende Beispiel zeigt: Praxisinhaber A stellt die Arbeitnehmerin X als Reinigungskraft für seine Praxis ein und vereinbart mit ihr den Mindeststundenlohn von 9,19 Euro, der auch tatsächlich von A gezahlt wird. Beide sind sich darüber einig, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis um einen Minijob handeln soll. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wird nicht abgeschlossen und X erbringt ihre Arbeitsleistung je nach Arbeitsanfall in der Praxis in wechselnder Höhe (sogenannte Abrufarbeit). Da zwischen den Parteien keine Vereinbarung über die Arbeitszeit getroffen wurde, greift die be- schriebene Gesetzesänderung in Paragraf 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG und es wird eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden fingiert. Das bedeutet, dass zwischen den Parteien ein Mindestwochenlohn von 9,19 Euro x 20 Stunden = 183,80 Euro und damit ein Bruttomonatslohn von (183,80 Euro x 4,33) = 795,85 Euro als vereinbart gilt! Damit liegt kein Minijob mehr vor, sondern ein sozialversicherungs- und lohnsteuerpflich- tiges Arbeitsverhältnis. Dementsprechend sind aus dem fiktiven Arbeitslohn von 795,85 Euro Sozialversicherung und Lohn- steuer zu berechnen. Bei Prüfungen können die nicht gezahlten Sozialversicherungsabgaben und die Lohn- steuer jeweils zuzüglich der Säumnis- zuschläge bis zu vier Jahre vom Arbeitgeber nachgefordert werden. Als Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags hat der Arbeitgeber in diesen Fällen sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeber- anteil und auch die Lohnsteuer nachzuent- richten, ohne den Arbeitnehmer rechtswirk- sam an diesen Nachzahlungen beteiligen zu können. Überdies kann der Arbeitnehmer den ent- sprechend der gesetzlichen Fiktion höheren Arbeitslohn nachträglich einfordern. Je nach Sachverhalt drohen außerdem ordnungs- rechtliche oder gar strafrechtliche Konse- quenzen wegen des Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz. Empfehlungen Um solche Probleme zu vermeiden, sollten Praxisinhaber die geringfügigen Beschäfti- gungsverhältnisse in ihrer Praxis baldmög- lichst kritisch durchleuchten und bei Bedarf Korrekturen vornehmen: \ Schriftlicher Arbeitsvertrag: Auch für geringfügige Arbeitsverhältnisse sollte un- bedingt ein schriftlicher Arbeitsvertrag ge- schlossen werden. \ Wöchentliche Arbeitszeit benennen: Im Arbeitsvertrag ist die Mindestlohn-konforme Vergütung sowie die wöchentliche Arbeits- zeit (derzeit maximal 11 Stunden pro Woche) neben den anderen wichtigen Eckpunkten wie beispielsweise dem Urlaub zu regeln. Die Vereinbarung einer festen wöchentlichen Arbeitszeit sollte auch bei Beschäftigungs- verhältnissen erfolgen, in denen die Arbeit auf Abruf erfolgen soll, da nur auf diese Weise die gesetzliche Fiktion einer nicht erwünschten Arbeitszeit von 20 Stunden sicher vermieden werden kann. In diesem Zusammenhang regelt das TzBfG, dass der Arbeitgeber bei Vereinbarung einer Min- destarbeitszeit nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen darf. Ist eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger ab- rufen. \ Mindestlohnentwicklung: Praxisinhaber sollten bei ihrer Personalplanung auch künftige Mindestlohnerhöhungen im Auge haben. Bei der nächsten Erhöhung ab dem 01.01.2020 auf 9,35 Euro pro Stunde wird die empfohlene maximale Arbeitszeit von 11 Stunden pro Woche immer noch in den Grenzen des Minijobs bleiben. Im Gefolge der nachfolgenden Mindestlohnerhöhun- gen, die gegenwärtig noch nicht feststehen, werden sich Anpassungen in den Arbeitsver- trägen jedoch vermutlich nicht vermeiden lassen. Daniela Naumann Kanzlei Fuchs & Martin Steuerberater / Rechtsanwälte Zahnärzteberatung 97080 Würzburg B.Fuchs@fuchsundmartin.de
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