Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12
zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1336) Es hakt bei der Spezifikation der gematik, auf deren Basis die Industrie die elektronische Patientenakte entwickeln soll: Die nach § 291 a SGB V umzusetzende Akte, die von Januar 2021 an für jeden Patienten in Deutschland zur Verfügung stehen soll, soll zunächst eine entscheidende technische Einschränkung haben – die Begrenzung des Zugriffs. Das berichtete kürzlich die Süd- deutsche Zeitung (SZ, 22.5.2019). Anders als geplant wird es für Patienten am Anfang nicht möglich sein auszuwählen, welche ihrer persönlichen Informationen ein Arzt, Apotheker oder Therapeut einsehen darf und welche nicht. Ein Physiotherapeut, der Einblick in die elektronischen Daten des Orthopäden benötigt, wird auf diese Weise auch über einen Schwangerschaftsabbruch seiner Patientin informiert. Und wenn Pa- tienten vermeiden wollen, dass ihr Zahnarzt die Informationen vom Urologen lesen kann, haben sie zwei Möglichkeiten: Entweder sie verbieten dem Urologen, ihr Untersuchungsergebnis in die Akte zu schicken – dann kann später aber niemand diese Unterlagen nutzen, auch nicht das Krankenhaus oder der Hausarzt. Oder sie verbieten dem Zahnarzt den Zugriff auf die Akte. Über frühere Behandlungen erfährt dieser dann aber auch nichts. Wieso hakt es bei der ePA? Der Grund für die technischen Abstriche bei der ePA liegt in der kurzen Fristsetzung (1. Januar 2021), die Bundesgesundheits- minister Jens Spahn der gematik im Termin- service- und Versorgungsgesetz (TSVG) vor- gegeben hatte. Aufgrund des Zeitdrucks hat sich die gematik entschieden, die Akte 2021 zunächst einmal einzuführen und dann in einem zweiten Schritt die Rechte für die Patienten nachzuliefern. Dieses Vorgehen beruht auf einem Beschluss der Gesellschaf- ter der gematik zu einem Zeitpunkt, als das BMG noch nicht Gesellschafter der gematik war. Inzwischen ist – gemäß TSVG – das BMG mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter. Es ist also damit zu rechnen, dass der Minister hier – wie beim Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen generell – weiter aufs Tempo drücken wird. Wieso läuft es bei der eGA? Während die ePA für Probleme und Verzö- gerungen steht, sieht es bei den Initiativen, die zur elektronischen Gesundheitsakte (eGA) laufen, gänzlich anders aus. Es gibt bereits zahlreiche Aktensysteme, sei es bei Krankenkassen, Kliniken oder Arztnetzen. Die Dynamik in diesem Bereich ist enorm groß. Die bekanntesten Beispiele: TK Safe: Die Gesundheitsakte der Techni- ker Krankenkasse (gemeinsam entwickelt mit IBM) ist vor Kurzem bundesweit an den Start gegangen. Versicherte können sie auf dem Smartphone nutzen, der Zugang er- folgt über die TK-App. Vivy: Im Februar startete die App „Vivy“, ein Gemeinschaftsprojekt von insgesamt 16 Krankenkassen, darunter zwei private – Allianz und Barmenia. AOK Gesundheitsnetzwerk: Die AOK er- richtet derzeit unter Federführung der AOKs Nordost, Plus, Baden-Württemberg und Bayern sowie unter Beteiligung des AOK Bundesverbands eine bundesweit neue Elektronische Patientenakte Gefährdet die enge Fristsetzung die ePA? In 2021 soll die elektronische Patientenakte (ePA) kommen – aber mit einer ent- scheidenden technischen Einschränkung: Der Patient wird noch nicht bestimmen können, welcher Arzt welche Informationen einsehen darf. Der Grund: zu eng gesetzte Fristen. Im Gegensatz dazu laufen die Projekte der Gesetzlichen Kranken- kassen zur Einführung einer elektronischen Gesundheitsakte (eGA) reibungslos und mit großer Dynamik. Verwirrung pur – oder steckt eine Strategie dahinter? Die elektronische Patientenakte soll schnell kommen, aber erst mal in einer abgespeckten Version. Die Zugriffsrechte für die Patienten werden „nachgeliefert“ – das ist der neue Plan. Foto: Adobe.Stock - tiero 18 Politik
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