Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1346) „Wenn die Arbeit Ärzte krank macht“, lautete das diesjährige Leitthema des Deutschen Ärztetages, das auf Wunsch der vergange- nen Ärztetage in Freiburg und Erfurt in diesem Jahr breit aufgegriffen wurde. Denn nur wenn es dem Arzt gut geht, geht es auch dem Patienten gut, betonten die 250 Delegierten. Das betrifft die Sorge um die eigene Gesundheit (self care) genauso wie die um das Team (staff care). Prof. Dr. Monika A. Rieger, Ärztliche Direk- torin des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozial- medizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Tübingen, machte deutlich, welchen arbeitsbedingten Belas- tungen Ärzte ausgesetzt sind. Dazu gehören körperliche (etwa Zwangshaltungen beim Operieren), psychische (Verdichtung von Arbeitsaufgaben und Organisation, Multi- tasking, Überlastung durch Überstunden), chemische (Hautreizungen durch Chemika- lien) oder physikalische Belastungen (ioni- sierende Strahlung). Auch die Infektions- gefährdung sei ein ganz großes Problem, sagte Rieger. Resilienz stärken Dass der Arzt selbst etwas für seine Gesund- heit tun kann und sollte, machte Prof. Dr. Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psycho- therapie am Universitätsklinikum Ulm, deutlich. Burnout und Erschöpfung seien weit verbreitet, Internisten, Chirurgen oder Anästhesisten seien besonders betroffen. „Viele Ärzte brauchen lange, bis sie Hilfe in Anspruch nehmen“, sagte Gündel. Die Resilienz und die Berufszufriedenheit des Arztes sollten gestärkt werden, Arbeits- prozesse verlangsamt. Dr. Klaus Beelmann, Geschäftsführender Arzt der Ärztekammer Hamburg, stellte das Interventionsprogramm seiner Kammer für suchtkranke Ärzte vor. Solche Programme gibt es inzwischen in allen 17 Ärztekammern. Oft mangelt es am Selbstverständnis des Arztes, distanziert und ehrlich seine eigene Bedürftigkeit anzuerkennen, erklärte er. Die Kammer hilft bei der Klärung, der Therapie und auch bei der Nachsorge von Sucht- erkrankungen. Mit der Diskussion von 32 Anträgen nah- men die Debatten zur Arztgesundheit einen breiten Raum ein. Die Delegierten riefen alle Ärzte in Deutschland dazu auf, auf ihre Arbeitsbedingungen zu achten und auch die ihnen zustehenden Arbeitsrechte einzu- fordern: „Erst wenn es für das Gesundheits- system unrentabel wird, mit Ärztinnen und Ärzten so zu verfahren, werden die Arbeits- bedingungen ihren gesundheitsgefährden- den Charakter verlieren. Doch hierzu müs- sen wir zunächst selbst erkennen, dass wir mit jeder unbezahlten Überstunde und je- der verpassten Pause nicht nur uns, sondern auch unseren Kolleginnen und Kollegen schaden, auch wenn Patientenmitgefühl und letztlich auch ein gewisser ärztlicher Stolz uns immer so weitermachen lassen wie bisher.“ Im Fokus stand ferner die zunehmende Digi- talisierung, die erhebliche Anforderungen an den Arztberuf stellt. Die Delegierten forderten, dass bei allen Entwicklungen für digitale Anwendungen und Vernetzungen Ärzte eingebunden werden. Auch die über- bordende Bürokratie gefährde die Arzt- gesundheit, hieß es in Münster. Arbeitsrechte einfordern Psychische Gesundheit war ein weiterer Themenblock, der vom Ärzteparlament in- tensiv diskutiert wurde. Ärzte müssten ihre Deutscher Ärztetag in Münster Wenn es dem Arzt gut geht, geht es dem Patienten gut Mit dem Leitthema „Arztgesundheit“ hat der Deutsche Ärztetag eine deutliche Botschaft an Politik, Gesellschaft und Kollegenschaft gesendet: Arztgesundheit ist ein entscheidender Faktor auch für eine gute Patientenversorgung. Die Delegierten forderten gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen und eine bessere Führungs- kultur in Praxen und Krankenhäusern. Aber auch die Selbstfürsorge für die eigene psychische Gesundheit dürfe nicht zu kurz kommen, hieß es in Münster. Alle Fotos: Christian Griebel - helliwood.com 28 Politik

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